Automotive IT – autonom unterwegs in die Zukunft?

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In Folge 10 auf der Road to 2030 dreht sich alles um Car-IT und vernetzte Autos. Welche Technik steckt dahinter? Welche Vorteile und Chancen bieten autonome Autos? Werden künftig nur noch fahrerlose Fahrzeuge durch die Straßen rollen? Wie lässt sich Mobilität nachhaltig gestalten? Darüber spricht Benni Krebs mit Thomas R. Köhler, Experte und Keynote Speaker für Digitalisierung, Innovation und Zukunft.

“"Vernetzt stelle ich mir allerdings noch etwas intelligenter vor. Nämlich ein Fahrzeug, das mit seiner Umgebung interagiert. Also dann zum Beispiel schon weiß, wie sich denn die Staulage drei Ampeln weiter entwickelt. Und um die Ecke fährt und feststellt, dass irgendwie Dreck auf der Straße liegt, von einem Berg etwas heruntergekommen ist oder so und dann die anderen Autos warnt. Interaktiv austauschend - da gibt es eine Vielzahl an Facetten. Und da stehen wir gerade am Anfang zu entdecken, wie nützlich das sein kann. Ich glaube, dass wir sehr, sehr viel Nutzen drin haben für den individuellen Fahrer, aber auch für die Gemeinschaft - und damit am Ende des Tages auch fürs Klima natürlich."”

— Thomas R. Köhler

Guest List

  • Thomas R. Köhler Experte & Keynote-Speaker für Digitalisierung, Innovation & Zukunft
  • Benjamin Krebs Moderator, Dell Technologies
  • Roland Schäffer Co-Moderator, Dell Technologies

Die Route ist berechnet. Ziel 2030.

 

Roland Schäffer: Hallo und herzlich willkommen auf der Road to 2030, dem Podcast zu Technologie und Gesellschaft von Dell Technologies. Unser heutiger Gast ist Thomas Köhler, Experte und Keynote Speaker für Digitalisierung, Innovation und Zukunft. Ich bin Roland und ich werde euch als Content-Lieferant des Trips mit leckeren Wissens-Snacks versorgen. Ich hoffe, ihr seid bereit. Und vergesst nicht euch anzuschnallen! #00:00:37.2#

 

Am Steuer heute wieder mein Kollege Benny Krebs, der uns auf unserem Ausflug in die Zukunft navigiert. Hi Benny! #00:00:47.3#

 

Benjamin Krebs: Vielen Dank! Herzlich willkommen auch von meiner Seite, Roland und natürlich unserem heutigen Gast Thomas Köhler. Road to 2030, der Name unseres Podcasts ist heute tatsächlich Programm. Wir beschäftigen uns mit der Zukunft der Automobile und womit wir in Zukunft auf der Straße unterwegs sein werden. Thomas, sitzt du bequem, bist du angeschnallt? #00:01:09.3#

 

Thomas R. Köhler: Ganz wunderbar! Es kann losgehen. #00:01:12.6#

 

Benjamin Krebs: Hervorragend! Thomas, kannst du dich unseren Hörern in ein paar kurzen Worten vorstellen und vielleicht auch gleichzeitig uns einen Hinweis geben, was dich dazu gebracht hat, mit dem Thema Automobil und auch natürlich Zukunft der Mobilität zu beschäftigen? #00:01:31.4#

 

Thomas R. Köhler: Sehr gerne. Ich bin, wie man so schön sagt, ein Kind des Digitalzeitalters. Ich war gerade da an der Uni und war gerade da mit dem Studium fertig, als es mit diesem Internet-Thema so richtig losging. Und war auch noch auf einer Drittmittelstelle bezahlt von einem großen Telekommunikationskonzern, und so war es vollkommen klar, dass man da quasi in dieses neue Thema direktgehend hineingesogen wird. Und in dieser ersten Phase haben wir zum Beispiel große Websites gemacht, aber eben auch schon angefangen, Maschinen und Anlagen zu vernetzen, wohlgemerkt Ende der 90er Jahre. Und auch drüber nachgedacht, wie wird es wohl sein, wenn eines Tages mal das Auto sozusagen mit dem Internet verbunden ist? Das haben wir auch gemacht in einem Projekt für eine große Consulting-Firma, wo wir sozusagen als Unterauftragnehmer dieses gedankliche Know-how mit reingebracht haben. Und später kam ich dann in Berührung auch mit der Autobranche, die zunächst sehr skeptisch war: Der Kunde will das nicht, er möchte gar keine Vernetzung. Das ist überhaupt nicht wichtig. Und so weiter. Das haben Automanager noch vor zehn, 15 Jahren gesagt. Aber es gab so einen beharrlichen Trend, und ich war dann auf vielen Veranstaltungen als jemand, der so ein bisschen die Brücke bauen konnte zwischen dieser Internetwelt, dieser IT-Welt und dieser Autowelt, die ja doch eher so, ich sag mal, von Maschinenbauern alter Schule, Benzin im Blut, dominiert ist. Und dann kam ich irgendwann sozusagen an diesen Punkt, wo es dann spannend wurde, und in Folge bin ich auch Verwaltungsrat geworden einer Firma, die sich anschickt, den Markt rundum das Laden von Elektroautos letztendlich zu revolutionieren. Ein ganz pfiffiges Start-up aus der Schweiz. Und so ist jetzt mehr oder weniger schleichend ein doch erheblicher Teil meiner Arbeit, ein erheblicher Teil auch meiner fachlichen Weiterentwicklung irgendwie mit dem Thema Auto verbunden. Und sind wir doch ehrlich, es ist auch furchtbar spannend gerade. #00:03:25.4#

 

Benjamin Krebs: Auf jeden Fall! Und mit Sicherheit auch ein sehr emotionales Thema. Ich glaube, gerade für viele Deutsche natürlich auch ein sehr präsentes Thema, was unseren täglichen Alltag anbelangt. Deutschland ist ein Industrieland, die Automobilindustrie prägt natürlich auch unsere Wirtschaft sehr stark. Mich würde interessieren, aus deiner Sicht, wie wir aktuell die Industrie in Deutschland, die Automobilindustrie in Deutschland, betrachten können und wo wir, aus deiner Sicht, dort aktuell stehen? #00:03:58.2#

 

Thomas R. Köhler: Das ist in der Tat eine große Frage. Wir haben in den letzten Jahren leider einige Erschütterungen gehabt und einige Krisen, von denen die wichtigste eigentlich hausgemacht ist. Ich sag nur, das Problem mit dem Diesel. Wir haben zu Recht, und das ist wichtig, immer stärkere Klimavorgaben, und irgendwann dachte man, man müsste mit der Technik von gestern die Probleme von morgen lösen. Das ging dann irgendwann physikalisch nicht mehr. Und dann kommt man auf so blöde Ideen, ich kann es nicht anders sagen, und manipuliert an der Software rum. Das ist auch schon ein fortgeschrittener Einsatz von IT, aber natürlich nicht im Sinne des Erfinders, und schon gar nicht im Sinne des Klimas. Und deswegen gab’s da signifikante Verwerfungen. Ich glaube, heute sind wir eine Stufe weiter. Heute sind die meisten Player in der Branche aufgemacht, dass sie einiges anders machen müssen. Das ist beim Thema Antrieb sehr, sehr stark zu spüren, das ist aber auch beim Thema Vernetzung sehr, sehr stark zu spüren. Da hatte man sich letztendlich den Schneid abkaufen lassen von den Smartphone Herstellern. Ich, in meinem Auto, das Werks-Navi, habe ich, glaube ich, noch nie angehabt. Hauptsache ich kann mein iPhone dort anschließen. Das ist mir letztendlich dann auch vollkommen egal, was das Auto dann macht, außer dass es mir einen schönen Bildschirm bereitstellt, wo ich dann das iPhone bedienen kann. Also da sind einige Verwerfungen am Markt. Aber zurück zu dem wichtigen Thema dieser Antriebssysteme. Da sehen wir sehr, sehr deutlich, dass dieses Thema Elektrifizierung, was ja, ich sag mal, eng verbunden ist mit Tesla, letztendlich auch so einen richtigen Wachrütteleffekt gemacht hat. Und spätestens mit der Ankündigung von Elon Musk, wir bauen in das Herzland des Premium-Automobilbaus, in Deutschland eine eigene Fabrik, spätestens dann letztendlich hat der letzte Automanager gemerkt: Hoppla! Moment mal, das ist jetzt nicht mehr so die Nische, sondern das ist plötzlich Mainstream. Hier gibt’s Werte, die verdoppeln sich jedes Jahr, auch von kleinem Beginn wird das irgendwann, wie wir wissen, logarithmisch sehr, sehr steil. Elektroautos sind jetzt so günstig, dass es in vielen Fällen günstiger ist, speziell auch durch diese aktuelle Förderung, ein E-Fahrzeug zu fahren. Und damit kommen Leute, die jetzt nur auf den Pfennig schauen, plötzlich auch auf die Idee. Und dann haben wir eine ganze Lawine am Rollen. Aber ich bin, lassen Sie mich das an dieser Stelle sagen, grundsätzlich optimistisch, insbesondere, wenn zum Volkswagen geht, unserem großen Player. Ich meine, wenn Sie sich den ID.3 anschauen mit allen Softwareproblemen, und da sind wir wieder bei der Zukunft, zum Trotz, ist es ein ganz vernünftiges Fahrzeug. Und wenn Sie sich diesen ID.4 anschauen und den erwarteten Preispunkt, dann ist das eine Sache, die wird von einer Vielzahl von Haushalten genau den Sweetspot treffen, was die gern als Auto der Zukunft brauchen. Und rein historisch betrachtet hat es Volkswagen schon immer geschafft, große Märkte, Marktentwicklungen zu verschlafen, und dann aber gewaltig aufzurollen. Nur zwei Beispiele: Minivans hat man lange Jahre nicht auf der Uhr gehabt. Das war ja mal das große Thema. Dann kam der Touran und dann war es der Marktführer. Und dass die Leute gerne höhersitzen wollen und sogenannte SUVs fahren, also die nichts anderes sind als hochgebockte Kleinwagen, hat man auch verpennt, aber jetzt ist dafür letztendlich schon die zweite Generation da vom Tiguan. Und dann kommt ganz lange nichts und dann kommen die anderen, die das mal pioniert haben. Also insofern bin ich grundsätzlich optimistisch, was die Autoindustrie und Innovationsfähigkeit angeht. #00:07:18.3#

 

Benjamin Krebs: Vielen Dank, Thomas, für deine Einschätzung der Automobilindustrie in Deutschland. Ich glaube, eine sehr zutreffende Einschätzung. Mir hat die Analogie gefallen mit der Innovations- und Catchup-Fähigkeit. Nachdem wir jetzt den Weckruf durch Elon Musk und Tesla, glaube ich, laut genug gehört haben und jetzt auch vor den Toren Berlins noch sehr, sehr deutlich sehen, ist absolut die Zeit gekommen, dass wir dort auch den nächsten Gang einlegen und noch mal ein Stückchen weiter nach vorne gehen. Und du hast es dargestellt, wir sind auf dem richtigen Weg. Viele Automobilhersteller haben schon die richtigen Modelle auch in der Pipeline oder releast. Und ich denke, es ist noch sehr spannend, diese weiteren Entwicklungen mit zu betrachten. Elektromobilität ist die eine Seite, die andere Seite ist das Thema Connected Car, vernetztes Fahren. Wie definierst du ein vernetztes Auto? #00:08:15.2#

 

Thomas R. Köhler: Ein vernetztes Fahrzeug, das kann natürlich viele Schattierungen haben. Vernetzt heißt, das Infotainment ist vernetzt und hängt am Internet und ich habe aktuelle Staudaten da, das hat inzwischen im Prinzip fast jedes Fahrzeug. Vernetzt stelle ich mir aber sozusagen noch ein bisschen intelligenter vor, nämlich ein Fahrzeug, das mit seiner Umgebung interagiert. Also dann zum Beispiel schon weiß, wie denn sich die Staulage drei Ampeln weiterentwickelt und entsprechend agiert zum Beispiel. Oder um die Ecke fährt, feststellt, da ist irgendwie Dreck auf der Straße, weil vom Berg irgendwas runtergekommen ist oder sowas, und dann die anderen Autos warnt, also interaktiv austauschend. Da gibt’s eine Vielzahl von Facetten und da stehen wir gerade am Anfang zu entdecken, wie nützlich das sein kann. Ich glaube, dass wir sehr, sehr viel Nutzen drin haben für den individuellen Fahrer, aber auch für die Gemeinschaft, und am Ende des Tages auch fürs Klima natürlich. #00:09:07.9#

 

Benjamin Krebs: Vielen Dank, Thomas. Stichwort Schwarmintelligenz. An der Stelle sicherlich auch wichtig, dass wir viele Autos haben, die dann vernetzt sind und die diese Daten dann auch austauschen. Du hast es angesprochen, dann kommt der Nutzen. Aus deiner Sicht, wie weit sind denn die heute schon verbreitet? #00:09:26.2#

 

Thomas R. Köhler: Ganz gering und meistens, ich sag mal, von einzelnen Herstellern mit einzelnen Funktionen. Der größte gemeinsame Nutzen, den wir alle schon kennen, der ist in der Navigation. Ganz einfach, weil hinreichend viele Fahrzeuge eine gemeinsame Datenbasis nutzen, haben wir dort natürlich eine vernünftige Datenqualität. Das weiß jeder, der einen aktuellen BMW oder Mercedes fährt zum Beispiel, oder einen Audi, die dann die Datenbasis von hier nutzen. Das weiß jeder, der ein iPhone hat oder auch jeder, der ein Android hat, dass da jeweils die Zahl der Nutzer schon groß genug ist. Und es ist ein Irrtum zu glauben, wir müssten jetzt von jetzt auf gleich alles vernetzen. Das geht gar nicht. Wir haben natürlich über die Zeit hinweg Autos, die werden gekauft und die halten dann einige Jahre. Der durchschnittliche Fahrzeugbestand, ich glaube, die letzte Zahl war so, dass das durchschnittliche Fahrzeug so um die neun Jahre alt ist. Vor neun Jahren war das noch nicht so wirklich verbreitet. Also insofern müssen wir Jahrzehnte warten, bis das alle haben. Aber das Spannende ist bei solchen Dingen, das funktioniert schon, wenn 4 %, 5 % oder 6 % der Fahrzeuge vernetzt sind, dann hilft das auch allen. #00:10:37.8#

 

Benjamin Krebs: Sehr gut! Das heißt also, wir sind schon auf dem richtigen Weg, was das vernetzte Fahren anbelangt. Eine weitere Stufe ist ja dann das autonome Fahren. Kannst du das mal einfach erklären so in deinen eigenen Worten, was tatsächlich autonomes Fahren dann bedeutet? #00:10:57.4#

 

Thomas R. Köhler: Autonomes Fahren ist, wenn Sie in Ruhe am Handy rum daddeln können und keine Angst haben müssen, irgendwo einzuschlagen. Das ist eigentlich sozusagen für die aktuelle Generation, und da bin ich ja so ein bisschen fast altersmäßig heraus, aber für die aktuelle Generation vielleicht so das Wichtigste, dass man sich mit so Sachen wie, wirklich auf die Straße schauen, nicht mehr behelligen muss. Das kann man gut- oder das kann man schlechtfinden. Tatsache ist, dass autonomes Fahren, ich sag mal, immer den Fahrer aus dem Fahrvorgang rausnimmt und in verschiedenen Stufen kategorisiert wird. Ich möchte das jetzt nicht im Detail ausbreiten, es gibt fünf Stufen, die kann jeder googeln, aber im Prinzip von Stufe zu Stufe hat der Fahrer weniger zu tun. In Stufe 5 kann er sich quasi zurücklegen und muss sich gar nicht mehr darum kümmern. Jetzt sind wir im Augenblick in Stufe 3, da kann ich unter bestimmten Bedingungen auf bestimmten Straßen halbwegs autonom fahren, das heißt, auf so einer Autobahn oder wenn das Ding im Stau ist, dann muss ich halt sozusagen immer noch das Ganze überwachen und im Notfall eingreifen. In zukünftigen Szenarien ist es so, dass ich mich quasi in das Auto reinsetze und das Auto bringt mich von A nach B. Und in den Studien der Autohersteller aus der ganzen Welt finden sich immer wieder Fahrzeuge, wo es a) entweder kein Lenkrad mehr gibt, das ist schon mal für die Leute, die mit Führerschein und Golf 1 aufgewachsen sind, vielleicht eine ganz schreckliche Vorstellung. Aber es gibt natürlich auch Szenarien, wo das Lenkrad sich bei Bedarf dann eben auf so einer Fernfahrt, wo man dann in den Schlafmodus geht, einfach ins Armaturenbrett zurückzieht und dann kommt der große Bildschirm, dann schaut man einen Film. Das sind dann eher wieder positive Szenarien zu dem Fahren. Was es jetzt schon gibt, sind zwei Entwicklungsrichtungen. Einmal gibt’s die Fahrassistenzsysteme, die wir seit Jahren kennen, die werden von Generation zu Generation besser. Also zum Beispiel gab‘s früher einen Tempomat, der hilft schon, dass man nicht permanent letztendlich irgendwie Gas und Bremse betätigen muss. Jetzt ist das ein Abstandstempomat, der erkennt ein vorausfahrendes Fahrzeug und bremst und gibt Gas entsprechend. Das hat mein Golf, das ist zum Beispiel eine große Entlastung. Aber man muss natürlich trotzdem auf die Straße schauen und irgendwie lenken. Und die nächste Generation, da kann man in bestimmten Szenarien dann schon die Hand vom Lenkrad lassen, aber man muss den Verkehr noch mit beobachten. Das Problem aus Entwicklungssicht ist, es wird immer aufwendiger. Das heißt, diese letzten paar Prozent, ist: Was ist, wenn eine Papiertüte auf der Straße ist, sind da jetzt Backsteine drin oder kann ich da drüberfahren? Das ist ein ganz klassisches Problem. Oder diese ganzen Ethikprobleme, wen fährt das Auto nieder, wenn es jetzt einen Unfall nicht mehr vermeiden kann? Und so weiter. Also hier ist eine Menge Debatte und hier ist eine Menge Technik zu machen. Das ist die eine, diese traditionelle „Nummer sicher“-Entwicklungsrichtung. Und die andere ist die, da sind wir wieder bei Tesla, ganz automatisch, ist die, die letztendlich dann heißt: Tesla „Autopilot“. Ich nenne das mal in Anführungszeichen, weil das ein eindrucksvolles Stück Technik ist, aber natürlich alles andere als ein Autopilot. Was dann mit ein paar Kameras behauptet, man könnte jetzt mehr oder weniger schon beinahe voll autonom fahren. Es gibt immer wieder Beispiele von Tesla-Fahrern, die dann schlafen gehen oder sowas, nicht alle sind gut ausgegangen. Da ist das Marketing schneller als die Technologie. Aber auch dort entwickelt sich die Technologie mit Riesenschritten weiter. Wir werden sehen letztendlich, wer da erfolgreicher ist. #00:14:22.9#

 

Roland Schäffer: Das ist so spannend. Ihr seid bestimmt hungrig geworden durch diese lange Diskussion über autonomes Fahren. Ihr erinnert euch vielleicht an die 80er und 90er Jahre und die Serie Knight Rider, wo David Hasselhoff als Micheal Knight mit seinem Auto KITT auf Verbrecherjagd ging. KITT war auch ein autonomes Fahrzeug mit Computerhirn, unverwüstlich und mit Künstlicher Intelligenz, das Michael Knight immer vor Gefahren gewarnt hat. Er musste nur in seine Armbanduhr sprechen, und schon kam KITT angefahren. Dürfen wir jetzt auch hoffen, Thomas, dass dieser Kindheitstraum noch wahr wird? #00:14:53.4#

 

Thomas R. Köhler: Ja, tatsächlich gibt es, und vielleicht darf ich da ganz kurz ausholen, so ein bisschen Theorien, wie wir Zukunft machen. Es gibt ja diese Zukunftsforschung, die im Wesentlichen irgendwelche Trends fortschreibt, aber da gibt’s auch andere Denkschulen. Und eine davon, finde ich persönlich ganz spannend, dass die Leute, die in den Entwicklungslaboren dieser Welt sind, alle geprägt sind durch Science-Fiction, oder in vielen Fällen geprägt sind durch Science-Fiction, und sich viele Dinge dann so entwickeln, wie man das kennt. Und in gewisser Weise, ich meine, das ist ein schönes Infotainment-Format, war das ein Science-Fiction, was sicher viele Entwickler geprägt hat. Und wenn Sie jetzt anschauen, bei Tesla gibt’s ein, ich glaube, Auto Summon oder sowas Feature heißt, das heißt, das Auto kann nicht nur aus einer engen Parklücke rausfahren geradeaus, sondern es kann das auch auf einem Parkplatz. Wenn ich jetzt, ich weiß nicht, aus dem Supermarkt komme und es regnet und ich bleibe unterm Vordach stehen, kann ich sagen: Hey! Komm mal und hole mich jetzt ab. Das sind Dinge, die erwarten uns, das sind Dinge, die sind eigentlich schon da. Und auch diese ganze Geschichte mit Sprachinteraktion ist in vielen Fällen ja schon vorhergesehen worden. Was haben wir gelacht, wie vor einigen Jahren die Franzosen irgendwie sprechende Bordcomputer hatten, die dann irgendwie mit einem lustigen Akzent dann gesprochen haben und natürlich eigentlich vollkommen sinnlos waren, weil man es auf dem Display hätte viel schneller vorlesen können. Was haben wir gelacht, als BMW irgendwie diese ersten Features vorgestellt hat und dann festgestellt hat, in dem Bereich, wo sie es grad vorstellen wollten, im damals neuen 7er, da gab‘s leider keine Online-Verbindung und es hat nicht funktioniert. Aber das waren eigentlich nur kleine Kinderkrankheiten und Geburtswehen, der Trend war vollkommen richtig, wir wollen natürlich interagieren. Also hier haben wir eine Reihe von Technologien, an denen wir uns im privaten Haushalt gewöhnt haben, und die werden selbstverständlich auch ins Auto einziehen. Und aus Sicht der Hersteller geht’s jetzt um eins, es geht um letztendlich die Nutzerschnittstelle. Wer hat den Kontakt zu uns als Fahrer und Passagiere, der bestimmt über die Zukunft. Und deswegen sind da die Autohersteller natürlich jetzt plötzlich nicht nur mit anderen Autoherstellern, sondern auch mit Hardwareherstellern, mit Softwareherstellern, mit ihren Smartphone-Herstellern, alle gegen alle. Und das macht das Ganze so spannend, weil durch diesen Hyper-Wettbewerb kriegen wir jetzt auch Hyper-Innovationen. Und da kommt beinahe jeden Monat was neues Spannendes, was sich anzuschauen lohnt. #00:17:13.0#

 

Benjamin Krebs: Hervorragend! Ich glaube tatsächlich, eine sehr spannende und interessante Vision. Ich meine, ich kann mich auch noch gut an die Serie erinnern. Ich habe mich dann, als die Apple Watch auf den Markt kam, gefreut, dass es jetzt schon diese Uhr gibt, mit der man sprechen kann. Jetzt fehlt noch das richtige Auto dazu, was dann direkt damit verbunden ist und Schwupps, sind wir eigentlich bei Knight Rider. Ob es dann die Funktionen wie Turbo Boost und Sprung-Möglichkeiten gibt, das werden wir dann noch sehen, aber mal gucken. Wir haben gehört, dass wir natürlich schon viele Assistenzsysteme in den Fahrzeugen drin haben, auch schon viel damit natürlich täglich arbeiten und dort auch immer weitere fortschreitende Technologie sehen. Wir haben auch festgestellt, dass wir momentan in Stufe 3 von Stufe 5 sind, oder von fünf Stufen, die du gesagt hast, bezüglich autonomen Fahrens. Meine Frage an dich, Thomas, wäre: Was sind denn die größten Bremsklötze momentan, um uns bis in die Stufe 5 zu katapultieren? #00:18:13.9#

 

Thomas R. Köhler: Das ist zum einen die Regulierung, und da habe ich jetzt eine gute Nachricht. Gerade, im Prinzip einen Tag, bevor wir uns dieser Aufzeichnung gewidmet haben, hat die Bundesregierung da ein bisschen den Weg freigemacht und die sonst so langsame Legislative so ein bisschen auf Spur gebracht. Sodass wir hoffen, dass wir 2022 tatsächlich vollautonome Fahrzeuge auf unseren regulären Straßen fahren lassen, wenn die Hersteller das hinbekommen. Und damit bin ich beim zweiten Punkt, der ist aus meiner Sicht furchtbar viel wichtiger. Schon heute kann man in definierten Fahrsituationen sehr, sehr vernünftig autonom fahren. Also auf einer Autobahn oder sowas, wo, wie heißt es so schön, baulich getrennte Fahrbahnen, im Amtsdeutsch, sind und alle in eine Richtung fahren, ganz grundsätzlich, wenn auch mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten, da kann ich sozusagen eigentlich jetzt schon und auch fast mit Tools, die ich selber bauen kann, in den USA gab‘s so Bausätze, kann ich eigentlich da schon ein vernünftiges Fahren machen, so, das Wetter gut ist. Eine ganz andere Situation habe ich zum Beispiel im Bereich der Innenstadt, wo viele Dinge durcheinandergehen. Da sind Fußgänger, da sind Rollerfahrer, diese neue Generation von Mikromobilität, wie man sagt, die fahren dann alle durcheinander, halten sich noch nicht an die Verkehrsregeln, das Lieferfahrzeug vom Paketdienst, das hält dann in zweiter Reihe, an dem kann ich aber rein rechtlich gar nicht vorbeifahren, weil da vielleicht ein geschlossener Strich ist. Was macht das autonome Fahrzeug dann? Es wird da erst mal warten, und da kann man sich dann schon vorstellen, was dann der ein oder andere lustige Jugendliche da sich für einen Sport macht. Der wird dann irgendwie auf die Straße gehen oder stehenbleiben und mal schauen, wer länger stehenbleiben kann, weil das Auto wird ja jetzt dann ganz sicher sehr defensiv sein und ihn nicht auf die Hörner nehmen, sondern einfach warten, was passiert. Gerade vor wenigen Tagen gab es ja auch ein lustiges YouTube-Video, wo tatsächlich ein, man mag es nicht glauben, ein Pärchen, das getestet hat, den Autopiloten, und immer seine Frau vors Auto hat laufen lassen und gehofft hat, dass das Auto bremst. Das ging in einem Fall beinahe nicht gut aus. Also mein Tipp ist: Versuchen Sie es nicht zu Hause! Also das ist keine gute Idee, selbst wenn Ihr Fahrzeug das schon kann. Das Problem ist, und damit zurück zum Punkt, es sind immer die letzten paar Prozent, die schwierig sind. Das ist diese unerwartete Verkehrssituation, das ist die Papiertüte auf der Straße, wo ich nicht weiß, kann ich da drüberfahren oder nicht? Ist das jetzt ein Stück, ich sag jetzt mal, Teppich oder ist das ein Wildtier, was nicht weggeht? Oder jetzt, ich wohne am Alpenrand, das mag für die typischen autonomen Testfahrzeuge, die ja alle in irgendwelchen Sunshine States, typischerweise in den USA in Kalifornien oder Nevada rumfahren, sehr ungewohnt sein, aber da schneit‘s auch mal. Und im vorletzten Winter hatten wir teilweise Schneehöhen irgendwie im Meterbereich, so dass also der klassische Räumdienst die Straße nicht mehr erkennbar freiräumen konnte. Als jemand, der sich mit Winterfahren auskennt und mit einem Allradauto konnte man da durchfahren. Aber was macht das autonome Fahrzeug, wenn es keine Spurbegrenzung mehr findet? Was macht das autonome Fahrzeug, wenn es nicht letztendlich eigentlich jetzt nur die Chance hat, durch diesen Schneehaufen durchzufahren? Die aktuellen Softwaresysteme sehen vor, man fährt dann rechts ran. Aber ich glaube nicht, dass das eine Option ist für jemand, der hier in der Gegend wohnt. Ich kann nicht warten, bis drei Tage später vielleicht doch der Schneeflug kommt auf der Straße. Das sind das sind sehr, sehr praktische Dinge, ich sag das jetzt mal ein bisschen überspitzt, aber das sind die praktischen Dinge, die praktischen Probleme, an denen es scheitert. Und deswegen glaube ich persönlich, dass wir autonomes Fahren zuerst da sehen werden, wo es am besten funktioniert und auch in einem unerwarteten Bereich. Denken wir alle mal an die vielen, vielen Lastwagen, die auf den Autobahnen Langstrecken fahren, teilweise über Nacht, und dann in langen Kolonnen fahren. Da gibt’s eigentlich überhaupt keinen Grund mehr, warum auf der Langstrecke ein menschlicher Fahrer sitzen sollte. Also hier von Autobahnauffahrt bis Autobahnabfahrt könnte der sich eigentlich auch schlafen legen. Und der müsste jetzt nicht, dann auch die Ruhezeiten könnte der anders nutzen. #00:22:27.3#

 

Roland Schäffer: Superspannend, Thomas! Jemand, der sich auch mit Winter- und Schneefahren auskennt, ist die deutsche Rallye-Legende. Walter Röhrl, Weltmeister 1980, 1982. Und er hat gesagt: „Selbstfahrende Autos sind ein weiterer Schritt zur Verblödung der Menschheit.“ Thomas, wie siehst du das? Begeben wir uns mit dem autonomen Fahren komplett in die technologische Abhängigkeit? #00:22:48.5#

 

Thomas R. Köhler: Zwei Herzen schlagen da in meiner Brust. Ich möchte es ganz offen sagen. Zum einen kann ich die Worte von Walter Röhrl, der da immer sehr, sehr offen und sehr plakativ ist, manchmal nachvollziehen. Ich habe selber noch ein altes Auto aus den 70er Jahren und Dach runter und so weiter, und es ist schwierig zu fahren, es gibt keine Servolenkung und gar kein ABS und keine Fahrhilfen. Und wenn man das Verdeck abbauen will, dann dauert das Minuten. Trotzdem ist das auf eine besondere Art und Weise spaßig. Es macht Freude, es macht Freude, bei schönem Wetter dann sozusagen irgendwo über Land zu fahren. Auf der anderen Seite bin ich natürlich beruflich extrem viel unterwegs und muss durch diverse Großstädte und so weiter. Und deswegen würde ich da sehr, sehr gerne das Steuer abgeben. Und deswegen habe ich bei meinen letzten beiden Geschäftswagen immer darauf geachtet, dass die Fahrzeuge jeweils den aktuellen Stand der Assistenztechnik haben. Dergestalt, weil es einfach ein großer Komfortgewinn ist, wenn man im ewigen Stop & Go auf dem mittleren Ring, inzwischen durch die neuen Verkehrsberuhigungsmaßnahmen ist der ja beinahe ganztägig. Was jetzt früher mal die Rush Hour war, ist jetzt so ein Ganztagsphänomen. Da bin ich äußerst froh, dass ich, wenn ich dann da fahren muss, letztendlich dann auch ein bisschen Entlastung habe. Ich muss natürlich auf die Straße schauen, ganz klar, aber ich bin da sehr, sehr kommod und ich würde jederzeit auch ein erprobtes autonomes Fahrzeug komplett das steuern lassen. Dann würde ich vermutlich Zeit haben für einige andere Dinge mehr, die jetzt liegenbleiben. Als insofern, ich sehe es positiv. #00:24:27.7#

 

Benjamin Krebs: Sehr gut! Vielen Dank für die Einschätzung dazu, Thomas. Ich möchte da gleich mal drauf eingehen, und zwar sagtest du ja, hast du zum einen, vielleicht, es gibt diesen Slogan „Freude am Fahren“, gesprochen, zum anderen von der Bequemlichkeit. Aus deiner Sicht, ich meine, wie schaffen wir auch, oder wie schafft auch die Automobilindustrie den Sprung oder den Spagat zwischen diesen beiden Welten, wo man eigentlich die Abnehmer und den Käufer zunächst auf diese Freude am Fahren, diesen Spaß, eigentlich hintrainiert hat und jetzt diesen Übergang in diese Bequemlichkeit vom reinen autonomen Fahren? Was ist dort zu tun, wie schaffen wir das? #00:25:10.4#

 

Thomas R. Köhler: Das wird je nach Marke und je nach Weltregion, wo das Produkt verkauft wird, eine ziemliche Challenge werden. Wenn Sie nach Asien schauen, und nicht wenige der hierzulande gebauten oder zumindest erdachten Premiumfahrzeuge gehen ja nach Asien, dann ist es dort eher unüblich, dass man selber fährt ab einem gewissen Status. Deswegen gibt’s dann auch schon mal so eine C-Klasse in Langversion so einen A6 in Langversion, was hier vollkommen unüblich und untypisch wäre. Da ist sicher die Akzeptanz groß und da müssen Sie den Leuten nichts erklären. Aber jetzt, wenn wir so Slogans nehmen wie „Freude am Fahren“ oder so Brands, die sich über Sportlichkeit definieren, wie ein Porsche oder ein Lamborghini oder was auch immer da uns noch einfällt in Europa, dann ist das äußerst schwierig zu vermitteln, dass das jetzt plötzlich ein autonomes Fahrzeug ist. Ich habe das in einer Diskussion auch mit BMW-Leuten schon gefragt: Was ist denn jetzt Freude am gefahren werden? Ist das dann der neue Claim? Das ganz sicher nicht. Aber natürlich wissen die genauso wie wir alle, dass diese schönen Automobil-Werbespots, die ja immer irgendwie ein sportliches Auto auf einer Landstraße und gerne Bergstraße an irgendeinem Meer oder sowas in den Sonnenuntergang fahren, mit der Realität natürlich schon seit Jahrzehnten nichts mehr zu tun hat. Die Realität ist, selbst wenn sie auf dieser Straße sind, dass irgendjemand mit dem Wohnmobil auch vor Ihnen Sightseeing macht und dass Sie da hinterherschleichen. Also insofern, oder auch hier in der Region, wo ich bin, hier ist inzwischen dadurch, dass jetzt viele Leute hier natürlich in den Urlaub fahren, während der Sommerferien ist man schneller mit dem Fahrrad als mit dem Auto, im Prinzip überall hin, auf allen Strecken unter 40 Kilometer. Und diese Entwicklungen sind natürlich schon so, dass jeder auch so ein bisschen mit Augenzwinkern nimmt, ja, ist ja schon ganz gut. Das ist so ein bisschen dieses Können, wenn man es wollte. Das ist so, wie wenn Sie einen AMG oder BMW M Modell in der Schweiz fahren. Da wissen Sie genau, nach 3 Sekunden sind Sie im justitialen Bereich, und nach 4 Sekunden stehen Sie vor Gericht, wenn Sie da aufs Gas treten, durch die scharfen Tempolimits und die hohe Überwachung. Trotzdem werden diese Fahrzeuge verkauft. Also anscheinend lebt die Branche so ein bisschen von dem Gefühl. Und das ist die gute Hoffnung, die man hat. Und für manche Brands ist es halt weniger schlimm als für andere. Bei Mercedes ist, glaube ich, das Gefahren-Werden schon besser drin als bei einer BMW zum Beispiel oder bei einer Audi, die sich doch ein bisschen anders positionieren. Aber wir werden sehen, wie die Hersteller das Problem lösen. Die universelle Antwort habe ich nicht, sonst hätte ich sie den Herstellern sicher schon versucht zu verkaufen. #00:27:49.4#

 

Benjamin Krebs: Sehr gut! Wunderbar! Du hast vorhin gesagt, du hättest kein Problem damit das Steuer einem autonomen Fahrzeug zu übergeben, um dich dann dort fahren zu lassen, und tust es teilweise heute auch schon. In einer aktuellen Umfrage ist es tatsächlich so, dass in Deutschland lediglich 18 % der Menschen dieses Vertrauen haben würden. Du hast vorhin Asien angesprochen, dort ist es anders, da lässt man sich seit Jahr und Tag fahren. Das sind es schon 58 %, die vielleicht auch eher von dem Gefahren-Werden kommen. Wie ist denn deine Einschätzung, wie kann man denn die Akzeptanz dieses Themas tatsächlich dann auch in der Breite in den Markt bringen? Und gib uns doch vielleicht auch noch mal einen Blick auf die Vorteile und Chancen, die dieses autonome Fahren dann für uns bringt. #00:28:38.7#

 

Thomas R. Köhler: In der Tat sind die Zahlen hierzulande, wie so oft bei Innovationen, so ein bisschen hinterher. Ich glaube, das ist nur zu lösen, indem man die Leute langsam heranführt. Und diese Entwicklung über diese mehreren Stufen ist auch eine ganz, ganz deutliche. Und ja, auch bei mir hat es Überwindung gekostet, als ich zum ersten Mal sozusagen das routinemäßig selber gemacht habe. Und dann wusste ich es nicht, ist der Volvo, den ich zu diesem Zeitpunkt hatte oder jetzt ein Golf, bremst der wirklich oder fährt der jetzt an der Ampel dem hintendrauf? Wenn man das aber jetzt hinreichend mal zwischendurch übernommen hat, dann merkt man: Moment! Das geht. Und man kann auch, wenn man es beobachtet, einschätzen, wann es geht. Ein Tesla, den ich zwischendurch mal gefahren habe zum Beispiel, da war das dann so: Ah okay, der fährt ja noch diese Kurven schön aus. Und den bin ich oberhalb von Zürich über eine recht gebirgige Straße gefahren und da habe ich wirklich Probleme gehabt, erst mal loszulassen. Aber als es dann ging, war ich sehr entspannt. Bis der Beifahrer plötzlich schrie: Jetzt musst du was machen. Ich sage: Warum? Ja, da ist ein Kreisverkehr, Kreisverkehr kann er noch nicht. Also deswegen, die Tücke steckt im Detail. Und ich verstehe jeden, der skeptisch ist. Wir können die Leute dazu hinführen und das geht aber nur Stück für Stück und peu à peu. Und das ist auch ganz gut und ganz gesund so, weil wir wollen mit autonomem Fahren natürlich eine Entlastung bringen und keine psychische Belastung. Und das muss Stück für Stück gehen, ansonsten geht’s einfach nicht. #00:30:14.1#

 

Benjamin Krebs: Sehr gut! Ich glaube auch, wir sind da auf einem interessanten Weg, der vor uns liegt. Zum autonomen Fahren gehört natürlich auch extrem viel Leistung, Daten zu verarbeiten. Dort gehört auch, ich sag mal, neben einer reinen Rechenleistung auch sehr viel guter Algorithmus, häufig auch unter dem Begriff Künstliche Intelligenz genannt. Wir selbst von Dell Technologies sind großer Partner der Automobilindustrie, dieses autonome Fahren zu entwickeln. Ich weiß auch aus Kunden-Engagements, wie viele Datenmengen dort auch anfallen, die verarbeitet werden müssen. Ist denn, aus deiner Sicht, das Thema Künstliche Intelligenz, Verschmelzung mit dem Fahrzeug, ein Weg, den man auch einfach erklären kann, dem Hörer, was dort genau passiert? Weil ich glaube, es sorgt für viele Fragezeichen. #00:31:04.9#

 

Thomas R. Köhler: In der Tat. Wir haben bei Künstlicher Intelligenz immer diese Vorbehalte. Und dieser Gedanke, der gerade im deutschen Begriff steckt, da wäre jetzt irgendwas, was dann vielleicht schlauer ist als der Mensch und dann die Kontrolle über die Menschheit übernimmt, das muss man da eigentlich rausnehmen. Das muss man insbesondere beim autonomen Fahren rausnehmen, weil es mit einer Künstlichen Intelligenz im Sinne von geistiger Kapazität natürlich gar nichts zu tun hat, sondern es ist eine hochspezialisierte Lösung, die das Problem des autonomen Fahrens löst, und das sehr, sehr gut und sehr, sehr nachhaltig und permanent und sehr, sehr schnell. Und das ist was komplett Anderes, und das müssen wir eigentlich verständlich machen. Das gelingt nicht immer in der Kommunikation. Wir müssen auch verständlich machen, dass vieles von dem, was jetzt so gehypt wird, wir brauchen unbedingt 5G, weil sonst geht kein autonomes Fahren, bei näherer Betrachtung so nicht haltbar ist. Das ist ja so ein großes Thema, die Telkos, jetzt müssen wir alles mit 5G machen und wir wissen, die Reichweite ist nicht so groß von diesen Antennen, deswegen müssen wir jetzt Deutschland mit allen Antennen letztendlich, Entschuldigung, zuknallen, an jede Hauswand eine schrauben. Das wird natürlich nicht passieren, wir wissen alle, jeder, der ein bisschen unterwegs ist, weiß, ein flächendeckendes Mobilfunknetz haben wir in diesem Land noch nie gehabt und das werden wir mit 5G ganz sicher auch nicht haben. Aber wir wissen auch, dass wir ansonsten wenig wissen. Ich habe vor ein paar Jahren ein Buch zur Zukunft des Autos geschrieben und habe versucht zu recherchieren, wie viel Straßenkilometer es in Deutschland gibt, unter der Prämisse, dass man die ja alle mal irgendwie funkmäßig erschließen muss. Und habe festgestellt: Es gibt vollkommen unterschiedliche Zahlen. Je nachdem, wen Sie fragen. Weil natürlich Straßen auf einer Bundesebene, Länderebene, Gemeindeebene sind, und ist das noch eine Straße oder ist das schon ein Feldweg? Das heißt, wir wissen nicht mal, wie viel Straßenkilometer wir in dem Land haben, und dann wollen wir das alles versorgen. Das passiert nicht. Wichtige Botschaft ist: Das autonome Fahrzeug muss selber entscheiden. Es muss, auch wenn es keine Funk Connectivity hat, in der Lage sein, permanent weiterzufahren. Und wird dann in, zum Beispiel, urbanen Ballungsgebieten, wo wir diese 5G Infrastruktur haben, plötzlich natürlich mehr können als auf irgendeiner Landstraße. Aber da muss es auch mehr können, weil da ist mehr Verkehr und mehr Interaktion. Auf irgendeiner Landstraße, wo sonst keiner ist, da kann es das schon ganz alleine. Und ich glaube, das müssen wir den Leuten eher begreiflich machen. Da finde ich persönlich manchmal, gerade aus der Telekommunikationsbranche, was da erzählt wird, natürlich hoch, furchtbar spannend, aber für den Ottonormalverbraucher eher verwirrend. Also selbst für, ich sage jetzt mal, Early Adaptor in dem Bereich, die jetzt nicht aus dem Feld sind, kriege ich immer wieder Fragen gestellt, die zeigen mir: Ah! Da muss noch viel passieren, damit das beim Kunden auch ankommt in der Kommunikation. #00:33:51.6#

 

Benjamin Krebs: Sehr gut! Vielen Dank dafür, Thomas. Shifting Gears, wir sind ja im Auto, jetzt nochmal vom autonomen Fahren hin zum Thema Nachhaltigkeit in der Zukunft des Automobils. Wir haben uns darüber unterhalten, dass es alternative Antriebskonzepte gibt, wir haben hauptsächlich über die Elektromobilität gesprochen. Ist aus deiner Sicht die Lösung, um Mobilität nachhaltig zu gestalten, die, dass wir jetzt einfach alle alten Autos mit Benzin- und Dieselantrieb wegwerfen und gegen Elektroautos austauschen? Oder wie sieht da die richtige Lösung aus? #00:34:29.1#

 

Thomas R. Köhler: Es wird sicher den Mix machen. Was wir unbedingt noch berücksichtigen müssen, und wir werden nicht nur über Autos reden, sondern wir werden auch über andere Mobilitätskonzepte reden. Ich glaube nicht, dass, ich sag jetzt mal, meine 80-jährige Nachbarin plötzlich auf den trendigen ShareRoller umsteigen wird. Das ist einfach kein sinnvolles Konzept. Aber ich glaube, dass wir sozusagen zwischen dem, was wir jetzt haben, nämlich an öffentlichem Verkehr oder dann ein bisschen für Langstrecken dann auch den Flugverkehr, also hier Bus, Bahn, Flugzeug und so weiter, um das noch mal in den Raum zu stellen, oder auch Taxi, dass wir da noch einige Zwischenlösungen brauchen und dass wir die mit Technologie aus der Automobilindustrie zunächst mal bekommen. Also zum Beispiel glaube ich an diese selbstfahrenden Shuttles, das sind also im Prinzip kleine Busse ohne Fahrer, die auf definierten Routen mit einer hohen Frequenz fahren. Für mich jetzt als jemand, der auf dem Land wohnt, ich habe einmal die Stunde hier den Bus, und das ist hier eigentlich relativ gut erschlossen, und es gibt sonst alles, einmal die Stunde den Bus, der dann zu der Bahn fährt, die auch einmal die Stunde fährt, und in manchen Tageszeiten alle halbe Stunde. Das ist letztendlich für die meisten Anwendungen und auch für die meisten Leute, solange sie selber fahren können, keine Alternative. Wenn ich aber in hoher Frequenz sozusagen kleine Busse fahre, wo ich Hop-on, Hop-off mache, und die Technologie dafür gibt’s bereits, und die wurde auch schon vielfach demonstriert, dann kriege ich wieder Leute weg und dann habe ich sozusagen einen anderen Mix zwischen den Verkehrsarten. Und das ist, glaube ich, das, was wir brauchen. Also nicht zu denken, jetzt baue ich statt lauter Benzinautos jetzt lauter Elektroautos oder Hydrogen-Fahrzeuge, sondern ich brauche einen anderen Mix, ich brauche ein anderes Verständnis, auch eine andere Reichweite. Und das muss ich konsequent vom Nutzer her denken, nicht von der Technologie, die ich gerade verkaufen will, sondern man muss sich überlegen, was ist mein Nutzer? Und der Use Case ist ein komplett anderer in der Großstadt, wo viele Leute einfach sagen, wozu brauche ich ein Auto, steht nur rum, und ich suche einen Parkplatz, hier aufs Land, wo ich sage, um Gottes Willen, nehmt mir mein Auto nicht, weil sonst weiß ich gar nicht mehr, wie ich überhaupt noch irgendwo zum Arzt, zum Einkaufen oder sonst wohin kommen soll. Also diesen Spagat müssen wir gehen. Das ist jetzt, viele von diesen Mobilitätskonzepten sind halt aus dem urbanen Raum gedacht und dann muss man die entsprechend erschließen. Die Chancen gibt es, und der Nebeneffekt ist auch mehr an Nachhaltigkeit, wenn ich Verkehr aggregiere, dann wird es tendenziell günstiger. Tendenziell, nicht immer. Sie kennen auch diese berühmten Busse mit drei Leuten an Bord, da kann ich jeden in ein Taxi setzen, dann ist das immer noch umweltfreundlicher. Aber hier ist Bewegung drin. Außerdem müssen wir über den Mix von Verbrennern und so weiter nachdenken. Neue Verbrenner-Technologien sind durchaus hypereffizient und es gibt diese berühmten Messungen, dass jetzt bei manchen Dieselmodellen tatsächlich hinten was rauskommt, die Luft sauberer ist, als die vorne angesaugt wird, wenn er in der Stadt betrieben wird. Auch solche Themen müssen halt, ich sag mal, neutral diskutiert werden. Das Problem ist, es ist halt sehr, sehr stark politisiert und man darf halt auch über viele Dinge nicht mehr nachdenken. Ich will ein abschließendes Beispiel noch bringen, weil das bewegt mich wirklich. Es gab in den 70er Jahren mal eine Idee, man findet auch die Forschungsberichte alle im Internet, man kann das schön googeln, des sogenannten Langzeit-Autos. Das wurde überwiegend in Baden-Württemberg erdacht, mit führenden Ingenieuren von Daimler und Porsche. Die haben sich darüber Gedanken gemacht: Wie könnte man denn nachhaltiger werden? Das war im Schatten dieser ersten Ölkrise. Und viele Dinge geraten unterwegs in Vergessenheit. Und was die gedacht haben, ist sozusagen, okay, ein typisches Auto hält vielleicht 150.000 Kilometer, was ist denn, wenn es 300.000 Kilometer hält oder 500.000? Dann ist es vielleicht technisch nicht mehr aktuell, Connectivity, wenn das halt jetzt statt 20 Jahre fährt statt 10 Jahre, ist es halt automatisch veraltet. Aber was muss ich denn tun, damit ich sozusagen nachhaltiger werde? Und da glaube ich, müssen wir alte Ideen wiederentdecken. Und ich glaube, an den Rändern der Mobilität werden wir die zuerst entdecken. Das ganze Carsharing zum Beispiel, da wird ein Auto, wenn es gut läuft, intensiver genutzt, dann müsste es aber auch anders ausgelegt sein. Es ist ein Irrweg zu glauben, ich nehme jetzt so ein Mini oder ein Smart oder what ever und packe den ganz normal ins Carsharing. Die Autos werden überproportional abgenutzt und sind dann schnell unansehnlich. Ich muss das Produkt anders denken für den jeweiligen Einsatzzweck. Das muss langlebiger sein. Genauso wie Sie besser eine Waschmaschine kaufen, die 20 Jahre hält, als eine, die nur fünf hält, das ist ganz sicher nachhaltiger für die Umwelt, ist es beim Auto letztendlich auch so. Und dieser Gedanke muss wieder auf den Tisch. Den wird die Industrie nicht freuen, weil der Ersatzbedarf natürlich nicht so schön ist. Aber es ist für die Gesamtthematik auch und gerade mit Blick aufs Klima möglicherweise eine Option, die man sich aus der Kiste holen muss und vielleicht ein bisschen modernisieren muss. Und sagen kann: Was ist denn langlebig und was davon kann ich austauschen, quasi modularisiert immer wieder updaten. Das sind Gedanken, die ich mir mache, die im Augenblick leider auch so ein bisschen unpopulär sind. Aber wo ich hoffe, dass wir dieses Wissen, was vielleicht nur verschüttet ist, einfach wieder finden. #00:39:39.4#

 

Benjamin Krebs: Das klingt auch so, als ob wir da noch lange nicht am Ende sind, was das Thema der Nachhaltigkeitsdiskussion anbelangt. Du hast gleichzeitig auch viele neue Formen der Mobilität angesprochen. Das hört sich für mich danach an, dass auch die Automobilhersteller nach neuen Geschäftsmodellen für die Zukunft suchen werden müssen. Wie sehen da, aus deiner Sicht, die Geschäftsmodelle aus und auch die Chancen für die deutsche Automobilindustrie? #00:40:03.5#

 

Thomas R. Köhler: Die öffentliche Debatte ist natürlich da ganz einfach, oder die grundlegende Fachdebatte. Wir haben bisher Hardwareverkäufer oder auch Hardware für Leaser, die Leasinggesellschaften sind ja schon seit langem ein Bestandteil der Automobilindustrie, und plötzlich werden wir Flottenbetreiber und alle nutzen nur noch on Demand. Oder wie man zeitgeistig sagt, Sharing, aber Sharing ist ja eigentlich nicht ganz der richtige Begriff, weil die Hardware gehört ja irgendjemand. Das ist ja quasi eine Kurzform der Miete, die durch Technologie enablet ist. Das Problem mit diesen Modellen ist, und ich hatte mal ein bisschen Erfahrung in der Unternehmensberatung, und da spricht man dann von so Blue Ocean Strategien und neuen Feldern. Und wir haben das für verschiedene Branchen gemacht. Ich habe viel für die Telekommunikationsbranche gemacht, wo man auch mit dem Aufkommen zum Beispiel von WhatsApp und Co. gesagt hat, ja, da müssen wir jetzt neue Felder entdecken. Das Problem mit allen neuentdeckten Feldern in der Telekommunikation war damals, die sind furchtbar viel kleiner als die, die wir aufgeben müssen. Und in dem Automobilbereich ist die unschöne Wahrheit für die Hersteller auch die, dass der Markt in bestimmten Bereichen nicht oder noch nicht so funktioniert, wie man es gerne hätte. Das heißt, die Losses, die ich habe an der einen Stelle, auf keinen Fall aufgefangen werden oder auch vielleicht nur zu einem Bruchteil aufgefangen werden zu so irgendwelchen Gains oder Gewinnen und Zugängen. Und auf der anderen Stelle, das sehen wir gerade an dem Carsharing, das ist eine hervorragende Idee, wenn das richtig gemacht ist, aber trotzdem sind BMW und Mercedes zu der Überzeugung gekommen, die schieben das in eine gemeinsame Gesellschaft ab, weil es sich letztendlich nicht rechnet. Man hat sich das lange Jahre schöngerechnet und hat natürlich bei BMW schöne Autos ins Carsharing gepackt, in der Hoffnung, dass die Leute halt, wenn sie hinreichend mal genug geshart haben, spätestens, wenn die Kinder haben, sich einfach doch mal ein eigenes Auto kaufen. Es ist letztendlich eine Marketingveranstaltung gewesen, und ich glaube, auch eine ziemlich erfolgreiche. Aber es ist für sich betrachtet, und das stellen wir jetzt fest, wenn man die Zahlen halt anschaut, nicht wirklich ein gutes Geschäftsmodell oder im Augenblick noch kein gutes Geschäftsmodell. Oder es braucht neue Player. Zur Überraschung vieler ist ja gerade Sixt in diesen Carsharing-Markt reingegangen. Warum? Das ist logisch, Sixt hat ja sowieso eine Mietflotte, und ob die jetzt immer nur tageweise oder wochen- oder monatsweise vermieten oder auch mal minutenweise, ist ja nur eine Frage der Elektronik und der Intelligenz, die dann vielleicht auch irgendwo mal aus einer Dell Cloud oder sowas dafür kommt. Das ist aus meiner Sicht die spannende Sache. Man muss die Dinge neu denken und man braucht dann auch letztendlich neue Koalitionen und neue Player. Ich glaube immer, dass die Hardware ein wichtiges Thema ist, aber man muss natürlich sich als Hardwarehersteller Gedanken machen, ob man nicht irgendwann austauschbar ist. Weil dieser Shuttlebus, da wird uns egal sein, welche Marke da draufsteht, das ist den meisten Menschen, vermutlich dir und mir eingeschlossen, auch schon egal, wenn ich ein Taxi rufe, ob da jetzt Mercedes oder Toyota draufsteht, sind wir doch mal ganz ehrlich. Hauptsache das bringt mich sicher und bequem von A nach B. Und genau da müssen die Hersteller ansetzen. Sie brauchen neue Differenzierungsmerkmale, damit sie auch in dieser neuen Welt bestehen können. Und das ist ein weiterer spannender Schauplatz. Aber wir werden sehen, wie sich das in den nächsten ein, zwei Jahrzehnten neu regelt. #00:43:27.7#

 

Benjamin Krebs: Sehr schön! Du hast schon angedeutet, das geht auch ganz stark natürlich in die Richtung der Digitalisierung, digitale Geschäftsmodelle, Technologie wird entscheidend, um auch das Geschäftsmodell der Zukunft zu gestalten. Das erleben wir tagtäglich mit unseren Kunden in Deutschland und ist natürlich ein sehr, sehr spannendes Feld. Wenn wir das Feld der Technologie betreten, dann betreten wir auch häufig sehr schnell das Feld der Daten, der Datensammlung, der Datenhaltung, der Datensicherung. Es ist so, dass bei einem autonomen Fahren oder einem autonom fahrenden Fahrzeug etwa 4000 Gigabyte an Daten pro Tag anfallen. Meine Frage an dich jetzt, Thomas, ist: Wie kann man das idealerweise regeln, diese Daten zu speichern, wenn man sie überhaupt speichert? Und zum zweiten auch: Wie sorgt man dafür, dass die Datenhoheit und die Datensicherheit ordentlich geregelt ist und gegeben ist? #00:44:26.5#

 

Thomas R. Köhler: Das ist ein furchtbar spannendes Thema. Im Grunde ist es natürlich ein furchtbar langweiliges Thema, weil mir da sofort irgendjemand um die Ecke kommt und sagt: Datenschutz! Das geht alles nicht. Ich war es irgendwann leid, dass permanent auch bei unseren Projekten und Entwicklungen und Konzepten, die wir machen, irgendjemand um die Ecke kommt und sagt: Datenschutz! Das geht alles nicht. Ich habe mich vor nun anderthalb Jahren mal zum TÜV-zertifizierten Datenschutzbeauftragten weiterbilden lassen und habe mal eine Woche meines Lebens investiert, das komplett zu durchdringen, also so diese Paragrafenwelt und Vorstellungswelt. Die Paragrafen- und Vorstellungswelt ist im Outcome nicht ganz so, wie wir das eigentlich wollen, aber die Idee dahinter ist natürlich grundrichtig und ist genau in dem, was du jetzt sagst, nämlich, wo ist die Datenhoheit, und Datenhoheit möglichst beim Endkunden zu hinterlassen. Das wird vielfach unterlaufen im Internet, und jetzt und gerade tobt ja ein Kampf um die Hoheit der Kundenschnittstelle auch und gerade beim Kraftfahrzeug. Also Porsche hat gerade ein Fahrzeug vorgestellt, das ist das erste, was ein Google-System hat. Da komme ich an Google nicht mehr vorbei. Und wir wissen alle, so gut und nützlich diese Google-Dienste sind, ich navigiere auch viel, viel mit Google Maps, deswegen weiß ich, funktioniert sensationell, aber Google ist schon sehr vereinnahmend in dem, was es sozusagen gerne hätte. Und da ist jetzt nun der Gesetzgeber gefordert, eigentlich speziell für das Fahrzeug auch noch mal einen drauf zu satteln und zu sagen, wir müssen jetzt die Vorgaben so machen, dass das und das bei dem Kunden da ist. Ansonsten geht das wieder am Endbenutzer vorbei. Wir beobachten schon, wie das erodiert. Ich hatte bei einem Mietwagen eines bekannten deutschen Premiumherstellers vor einigen Monaten die lustige Erfahrung, dass ich schon in der Navigation zum Ziel, also zwischen einem Flughafen und einem Zielort, ein Auto bekommen, das bordeigene Navi bemüht, und dann fünf Kilometer vorm Ziel, mitten im Stadtverkehr, sagt das Auto in einer bildschirmfüllenden Überblendung: Übrigens müssen Sie jetzt der Datenverwendung zustimmen, sonst geht’s nicht weiter. Wollen Sie in der Situation ernsthaft widersprechen? Ist das ernst gemeint, dass man dem Kunden das so unterschiebt? Ja, anscheinend schon. Und das war jetzt keine, ich sage jetzt mal, Silicon Valley Company, sondern das war ein deutscher Premiumhersteller, der das versucht hat. Inzwischen ist es etwas weiter. Ich hatte kürzlich einen Porsche Taycan, der als Elektrofahrzeug ja sowieso noch mal mehr Datenspuren hinterlässt, allein durch diese Auflagevorgänge. Und dort war das sehr, sehr differenziert. Es gab nämlich einen User mit Passwort, das war die Autofirma, der das gehört natürlich in dem Fall, ich habe mir nur ausgeliehen, und es gab dann einen Gast-User, und dieser Gast-User konnte tatsächlich erst losfahren, wenn er diverse Einstellungen gemacht hat. Also da hatte man das transparent und sauber und sinnvoll gemacht. Und es war auch klar erkennbar, was vergebe ich mir jetzt, wenn ich auf diese Sachen verzichte, und was vergebe ich mir nicht. Das ist letztendlich gefordert, dass wir, ich sage jetzt mal, nicht nur formell sagen, der Kunde hat ja auf „Zustimmen“ geklickt. Das ist genauso wie, wenn Sie Ihr iPhone aktualisieren und Sie haben 34 Seiten Kleingedrucktes. Oder, ich habe gestern, ich habe noch ein Android, das habe ich gestern aktualisiert auf Android 11, da habe ich auch 1000 Sachen zugestimmt, die ich gar nicht im Detail gelesen habe. Das darf beim Auto nicht passieren, dazu ist das Thema zu wichtig. Und da ist natürlich tatsächlich der Gesetzgeber gefragt, der dann eben sagt: Nein, nein, liebe Leute, ihr müsst das sauber machen. Aber die gute Nachricht ist: Der Datenschutz, wie wir ihn jetzt in der EU haben, lässt positiv ausgelegt sowohl Gestaltungsraum zu für die Hersteller, als auch, es sorgt für einen gewissen Grundschutz, zumindest wenn der Hersteller das entsprechend honoriert. Also insofern, ich bin da vorsichtig optimistisch, dass wir da auf vernünftige Werte kommen. Und ganz klar ist, bei allen Gigabyte-Zahlen, die da verarbeitet werden, nur die wenigsten Bytes, Bits und Bytes brauchen sie tatsächlich in der Leitzentrale. Das Korkenknallen bei den Telekommunikations-Providern, die die Mobilfunk-Schnittstelle der Autos ja bedienen, das habe ich noch nicht gehört. Im Gegenteil, die schauen natürlich auch darauf, dass die tatsächlich übertragenen Daten entsprechend reduziert werden, und nicht alles, was anfällt, ist es wert, übertragen zu werden, auch in der Gegenrichtung nicht. Früher haben wir Systeme in der Interaktion noch gebaut, dass wir möglichst jedes Byte gespart haben, weil Datenvolumen teuer war. Heute ist Datenvolumen billig und deswegen sehen wir den Trend in die Gegenrichtung. Also wie so oft wird es vielleicht auch hier über den Preis oder was auch immer, eine Datensteuer oder was auch immer einem noch Schönes einfällt, dann mal gelöst werden. #00:49:11.3#

 

Benjamin Krebs: Sehr gut! Wunderbar! Das klingt super. Und gerade hast du das Thema Bit und Byte angesprochen, das bringt mich zu unserem kleinen Hungergefühl. Und ich wäre ready für ein Snack-Bit. #00:49:26.4#

 

Roland Schäffer: Natürlich! Sehr gerne. Ich habe was für euch. Und zwar hat der Tesla-Chef Elon Musk, den wir jetzt auch schon ein paar Mal in dem Podcast den Namen fallen lassen haben, gesagt, dass in 10 bis 15 Jahren nur noch autonom fahrende Autos produziert werden. Herkömmliche Autos werden dann nur noch aus sentimentalen Gründen gekauft. So wie heute die Leute Pferde besitzen. Thomas, was sagst du dazu? #00:49:52.4#

 

Thomas R. Köhler: Also zu den Pferden habe ich eine ganz spannende Statistik. Seit den 50er Jahren hat sich irgendwie die Zahl der Pferde in Deutschland also tatsächlich irgendwie verdoppelt, hat irgendwie mal die deutsche Reiterliche Vereinigung oder sowas als Zahl in den Raum gestellt. Ich hoffe, ich hab‘s richtig wiedergegeben und man ist mir jetzt nicht so sauer in Ostwestfalen, wo die ihr Headquarter haben. Aber tendenziell ist die Tendenz da, ja, das hat zugenommen, weil der Pferdesport zugenommen hat, also weil der Spaßfaktor zugenommen hat. Genauso haben wir, wenn man genau hinschaut, in den letzten Jahrzehnten auch die Fahrzeuge mit dem H-Kennzeichen, also alles, was Oldtimer ist, 30 Jahre oder älter, massiv zugenommen. Auch das Thema Youngtimer hat zugenommen. Da haben die Leute sozusagen einen gewissen Wert. Also deswegen werden Dinge, wenn die nicht hart verboten werden, also wenn man nicht irgendwann so sagt, nein, du darfst damit nie mehr fahren, weil du störst die autonomen Fahrzeuge, solche Debatten gibt’s ja auch. Das wäre aus meiner Sicht übrigens aber ein Versagen der Automobilindustrie, wenn man sagt, du darfst nur noch autonome Fahrzeuge fahren lassen, weil wenn ich die Bedingungen schleifen muss, um meine Produktversprechen zu erfüllen, dann stimmt was nicht. Sondern ich muss schauen, dass ich das in die reale Welt bekomme, dann ist alles offen. Und ja, zu diesen Ankündigungen von Elon Musk, wir haben natürlich die Situation, fake it till you make it in der gesamten Start-up-Branche. Man kündigt irgendwas an und dann schaut man, dass man es schnell geregelt kriegt. Musk hat überwiegend seine Versprechungen gehalten, manchmal sehr sportlich, ich erinnere an die Automobilproduktion im Zelt. Aber er hat natürlich auch viele Sachen gesagt, die danebenliegen, also Stichwort, alle Teslas werden jetzt vermietet, irgendwie binnen Jahresfrist oder zwei, und werden dann als größte autonome Flotte durch die Gegend fahren. Nein, 2022 wird es ganz bestimmt nicht passieren. Und ich glaube, das weiß inzwischen auch Elon Musk. Hier ist es so, wir müssen von diesen Ankündigungen ein bisschen weg und müssen schauen, was ist realistisch. Und klar ist, es geht in die richtige Richtung, klar, es ist wird was passieren, aber diese Absolutheit, dass irgendwas Neues irgendwas Altes komplett ablöst, die würde ich nicht sehen wollen. Es wird sicher eine Renaissance geben, genauso wie die Verkäufe von Plattenspielern in den letzten Jahren gestiegen sind oder die Nutzung von Pferden, davon hatten wir es ja gerade, zugenommen hat, wird es sicher Themen geben, die lassen sich rational nicht begründen und die werden weiter überleben. Aber es wird auch Themen geben, da ist die Macht des Faktischen zu groß, und man wird es letztendlich durchsetzen. Und da denke ich, gibt’s in der Mobilität noch viele Spielfelder, über die wir reden müssen, bis hin zum Schiffsverkehr. Aber das ist heute vielleicht nicht genau das Thema. #00:52:40.7#

 

Benjamin Krebs: Sehr schön! Wunderbar! Thomas, das bringt mich auch tatsächlich zu meiner letzten Frage. Wir sprechen ja über Road to 2030, also Zeitraum von zehn Jahren. Wie sieht denn deine Autopie aus, mit welchem Fahrzeug wirst du in zehn Jahren unterwegs sein? #00:53:02.3#

 

Thomas R. Köhler: Ich habe sicher dann wieder einen aktuellen Geschäftswagen, der hat vermutlich die neueste Selbstfahrtechnik an Bord und ist relativ leicht, effizient und kann im manuellen Modus auch noch halbwegs zügig bewegt werden. Und hoffentlich darf ich das dann auch noch. Ich werde ganz sicher noch mein altes Langzeitauto aus den 70er Jahren haben. Ich habe nämlich eins aus diesem Konzept gekauft, ein vollverzinktes Auto aus Ende der 70er Jahre von einem kleinen Hersteller aus dem Stuttgarter Vorort. Das jetzt bereits, ich habe gerade mal nachgeschaut vor ein paar Tagen, rund 300.000 Kilometer auf der Uhr hat. Ich sehe keinen Anlass anzunehmen, dass es nicht die halbe Million oder auch die Million schafft, solange das erlaubt ist. Und im Augenblick hat man gute Karten mit dem H-Kennzeichen, dass es wohl auch erlaubt sein wird, das weiter im zumindest begrenztem Maß ein paar tausend Kilometer im Jahr zu fahren. Da hoffe ich, dass ich das weiter noch fahren darf. Und für alle, die jetzt erschreckt sozusagen sagen, oh Gott, oh Gott, das geht ja nun gar nicht. Das Fahrzeug ist gleichzeitig, dadurch dass es ein US-Modell ist, die erste Generation mit einem Katalysator und der TÜV hat gerade eben erst wieder ganz hervorragende Abgaswerte dafür bestätigt und in das Gutachten geschrieben. Also insofern bin ich guter Hoffnung, dass das noch geht, sozusagen nicht von der Vergangenheit lassen, vielleicht für die schönen Stunden, die schönen Sonnenstunden mal den Ausflug damit zu machen und an das Alte zu denken und an den Spaß, den das gemacht hat. Aber auch die Augen nicht vor der Zukunft zu verschließen. Ich glaube, das ist meine persönliche Road to 2030. #00:54:39.4#

 

Sie haben Ihr Ziel erreicht.

 

S: Vielen lieben Dank Thomas! Damit kommen wir jetzt auch wieder zur Ausfahrt unserer Route von heute. Wir hatten ein tolles Gespräch, in dem wir, angefangen von einem Kind des Internets Ende der 90er Jahre, über die Innovationskraft der deutschen Automobilindustrie, die wir schon mal bei der Minivan- und SUV-Thematik dargestellt haben, zum Übertrag auf die Elektromobilität gesprochen haben. Wir haben den Bogen vom Golf 1 zum autonomen Fahren geschlagen. Wir sind kurz auf das Thema eingegangen, was Connected Cars und autonomes Fahren miteinander zu tun haben. Wir wissen jetzt sogar, dass die Bundesregierung einen wichtigen Schritt auf dem Weg dorthin freigemacht hat dieser Tage. Nachhaltige Mobilitätskonzepte, digitale Geschäftsmodelle haben wir diskutiert. Und am Ende haben wir dann, glaube ich, auch festgestellt, dass wir sicherlich auf einer tollen Road to 2030 sind, um den Spaß am Fahren, die Nachhaltigkeit und die Mobilität der Zukunft miteinander zu verbinden. Vielen Dank an dieser Stelle! #00:55:58.2#

 

Roland Schäffer: Damit sind wir heute schon wieder am Ende unseres Technologie-Dialogs. Vielen Dank an unseren heutigen Mitfahrer, Thomas, für die spannenden Ein- und Ausblicke. Und wenn euch die Folge gefallen hat, dann würden wir uns freuen, wenn ihr den Podcast abonniert. Das könnt ihr auf Spotify, SoundCloud und der Dell Technologies Mediathek tun. In der nächsten Folge dann haben wir Julia Bösch von Outfittery zu Gast, eine der bekanntesten Gründerinnen und eine der führenden Köpfe der digitalen Fashion-Szene. Wir freuen uns auf Euch! Bis dahin! #00:56:32.3#

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