Agile Verwaltung: Wann wird Deutschland digital?

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Keine Zeit hat so viel Schwung in die Digitalisierung gebracht wie die heutige. Die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung ist weit mehr als Hard- und Software zu modernisieren oder gar einzuführen. Seit 2018 berät nun ein ausgewähltes Team bestehend aus Tech-Experten die Bundesregierung beim Thema Digitalisierung. Dr. Katrin Suder ist Vorsitzende des Expertengremiums und fährt mit uns in dieser Folge die Route „Digitaler Staat“. Wir legen einige interessante Zwischenstopps ein. Seid gespannt!

“"Es geht eigentlich auch darum, dass der Staat durch jedes Gesetz, durch jedes Mittel das er vergibt, die Chance hat, die Digitalisierung im Land zu befördern".”

— Dr. Katrin Suder, Vorsitzende des Digitalrates der Bundesregierung

Guest List

  • Dr. Katrin Suder Vorsitzende des Digitalrates der Bundesregierung
  • Stefan Schmugge Moderator, Dell Technologies
  • Maria Nestroi Co-Moderatorin, Dell Technologies

Die Route ist berechnet. Ziel 2030.

 

Maria Nestroi: Hallo und herzlich willkommen auf einer neuen Etappe der Road to 2030, dem Podcast zu Technologie und Gesellschaft von Dell Technologies. Unser heutiger Gast ist Dr. Katrin Suder, Vorsitzende des Digitalrates der Bundesregierung. Ich freue mich sehr, sie heute zu Gast zu haben. Ich bin Maria und bin heute wieder eure Snack-Lieferantin und Co-Host. Seid ihr bereit? Dann Anschnallen nicht vergessen! #00:00:38.5#

 

Am Steuer sitzt heute wieder mein Kollege Stefan. Hallo Stefan! #00:00:46.4#

 

Stefan Schmugge: Grüß dich, Maria! Hallo! Mein Gott, wie habe ich das vermisst, diesen Geruch von veganem Autoleder und Vanille-Duft-Baum, gepaart mit spannenden Themen. Schön, wieder hier zu sein. Wir sprechen heute über ein Thema, was in der aktuellen Zeit ja nochmal besonders an Fahrt aufgenommen hat, was irgendwie zu unserem Automobil passt, nämlich die Digitalisierung in der Verwaltung oder kurz, digitaler Staat. Danach machen wir noch einen kleinen Ausflug, tauchen nämlich ab in die Arbeit, die Ziele und die Dinge, die in dem Digitalrat, den wir gerade angesprochen haben, passieren. Und wir machen noch einen kleinen Ausflug in Richtung Weltwirtschaftsbühne. Bevor es aber losgeht, Katrin, schön, dass du da bist. Sitzt du bequem, bist du startklar? #00:01:30.5#

 

Dr. Katrin Suder: Alles prima! Ich freue mich, gefahren zu werden und auf unser Gespräch. Hallo! #00:01:34.6#

 

Stefan Schmugge: Großartig! Dann lass uns mal anfangen mit einem kleinen Warmup, auch kurz Speed-Check von uns genannt. Ich schmeiß einfach zwei Begriffe in den Raum und du entscheidest dich spontan für einen. Zum Frühstück Porridge oder Brötchen? #00:01:48.9#

 

Dr. Katrin Suder: Brötchen. #00:01:49.8#

 

Stefan Schmugge: Radio oder Streaming-Musik? #00:01:53.0#

 

Dr. Katrin Suder: Streaming. #00:01:53.9#

 

Stefan Schmugge: Beim Zocken oder beim Computerspiel eher Cyberpunk 2077 oder Pac Man? #00:01:59.2#

 

Dr. Katrin Suder: Oh ja, Cyberpunk. #00:02:03.1#

 

Stefan Schmugge: Meer oder Berge? #00:02:05.0#

 

Dr. Katrin Suder: Beides. #00:02:06.7#

 

Stefan Schmugge: Sehr gut! Guter Kompromiss. Im Bereich Literatur: „Warten auf Godot“ oder „Der gute Mensch von Sezuan“? #00:02:14.5#

 

Dr. Katrin Suder: Ich mochte immer „Warten auf Godot“. Und ich mag es noch immer. #00:02:18.3#

 

Stefan Schmugge: Wunderbar! Und zum Schluss noch, wenn es ein Buch gäbe, was noch nicht geschrieben worden wäre, was würdest du schreiben? #00:02:27.5#

 

Dr. Katrin Suder: Oh Jesus! Ich habe ja schon meine Dis geschrieben und war sehr stolz darauf. Ansonsten glaube ich, dass man in der Tat immer wieder sich damit beschäftigen könnte, wie das Marge Piercy in „Er, Sie, Es“ gemacht hat. Das kann ich jetzt mal so rein sneaken, ist, glaube ich, eines meiner Lieblingsbücher, wenn nicht sogar das. Und die Auseinandersetzung damit, was ist eigentlich der Mensch? Was bedeutet Automatisierung und was macht den Menschen zum Menschen? Das mag ich unglaublich das Thema. #00:02:49.7#

 

Stefan Schmugge: Jetzt sind wir schon mittendrin, von daher würde ich vorschlagen, los geht’s. Aber bevor wir mit dem Thema starten, wäre es toll, wenn wir noch ein kleines bisschen über dich sprechen. Du lieferst, wie ich finde, eine ziemlich beeindruckende Vita ab. Ich bin immer sehr demütig, wenn ich sehe, dass so ein Wikipedia-Eintrag von deiner Person länger ist als von mancher bekannten Rockband. Vielleicht magst du uns aus dieser Vita und aus deinem Karriere- und Lebensweg die eine oder andere Station mit uns teilen? #00:03:16.5#

 

Dr. Katrin Suder: Das ist erst mal sehr charmant von dir. Aber sehr gerne mache ich das. Ich glaube, es gibt so ein oder wahrscheinlich zwei rote Fäden, die sich ein bisschen durch mein Leben ziehen. Und das eine ist alles rund um Digitalisierung oder Technologie, früher nannte man das IT, heute nennen wir es im Wesentlichen Digitalisierung. Und das hat früh angefangen. Ich habe Physik studiert und habe dann in theoretischer Physik promoviert, allerdings an der Schnittstelle zu Computation in Neuro Science, wie das damals heißt, oder ich glaube, heute immer noch heißt. Und letztendlich habe ich ein neuronales Netz programmiert, also heute nennen wir das, glaube ich, Künstliche Intelligenz. Damit habe ich angefangen, da kommen meine Wurzeln her. Ich bin dann nach etlichen Irrungen und Wirrungen, die uns heute, glaube ich, nicht so sehr interessieren, bin ich dann in der Unternehmensberatung gelandet, und habe dort auch wiederum Technologie-Unternehmen beraten. Einmal quer über den IT Stack, also Telekommunikation angefangen bis hoch zu Software Companies. Und bin darüber dann, weil einer der wesentlichen Nutzer von Technologie ist ja der öffentliche Sektor, bin dann in den öffentlichen Sektor auch in die Beratung gegangen, habe Ursula von der Leyen kennengelernt. Sie hat mich dann gefragt, ob ich auch willens wäre, im Verteidigungsministerium als Staatssekretärin zu arbeiten. Ich habe dann Ja gesagt, eine große Ehre und auch eine Riesenchance. Und habe dort aber auch wieder das Thema Digitalisierung getrieben. Wir haben das Thema ganz nach oben gezogen und auch die Schattenseite, die Kehrseite der Digitalisierung, das Thema Cyber hat uns auch sehr beschäftigt. Ich bin vor zwei Jahren dann ausgeschieden nach einer Legislaturperiode und beschäftige mich heute in verschiedenen Rollen als Advisor geopolitische Themen, aber auch über meine Aufsichtsrat-Tätigkeit wiederum mit Technologie, allerdings in einer neuen Rolle. Also insofern setzt sich das Thema wahrscheinlich wirklich durch. Und der zweite rote Faden, wenn ich den auch noch hinten dranschieben darf, das ist, dass ich schon immer unglaublich gerne an Schnittstellen gearbeitet habe. Und dass ich, man kann es sagen, ich habe versucht, Brücken zu bauen, oder man kann sagen, ich habe versucht, unterschiedliche Perspektiven zusammen zu werfen, weil dann passiert was Neues, dann passiert Innovation. In der Physik sagt man dann Reibung erzeugt Wärme. Aber da passiert irgendwas. Und in meinem Studium habe ich nebenbei Theater gespielt, zum Beispiel dort auch zwei Disziplinen, die gar nicht zusammenpassen, denkt man erst mal. Dann das ganze Thema Diversity und Inclusion liegt mir und liegt auch meiner Frau sehr am Herzen, wir versuchen hier einiges zu machen. Und so sind es immer wieder auch so Reibung und Schnittstellen-Themen, die mich schon immer fasziniert haben. #00:05:37.4#

 

Stefan Schmugge: Großartig! Vielen Dank, Katrin, für diesen Einblick in dein Leben und deine Vita. Wir sprechen heute als Erstes über das Thema digitalen Staat und wie die Bundesregierung durch den neu gegründeten Digitalrat ein bisschen Schwung in das Thema Digitalisierung bringen will, vor allem in den Bereichen des öffentlichen Sektors, unter anderem natürlich auch im Bereich der Schule. Seit 2018 leitest du den Digitalrat der Bundesregierung. Wie genau, frage ich mich, sieht denn jetzt eigentlich nicht nur die Arbeit des Digitalrates, sondern persönlich auch deine Arbeit dort aus? Wie kann man sich das vorstellen? #00:06:13.3#

 

Dr. Katrin Suder: Der Digitalrat ist tatsächlich ein Experiment. Das ist ein Beratungsgremium der Bundesregierung, was es in dieser Form so noch nicht gab. Wir sind zusammengesetzt neun Expertinnen und Experten mit wirklich tiefem Wissen und Erfahrung in spezifischen Themen. Da ist digitaler Staat eins, in Summe sind es sechs Themen. Wir sind sehr divers zusammengesetzt, quer über Nationalitäten, Hintergründe, Erfahrungshintergründe, auch Gender. Und die Arbeit ist durch ein klares Mandat beauftragt, das steht im Koalitionsvertrag, und das Kabinett hat das verabschiedet, dass wir beraten sollen. Und unser Mandat lautet: Wir sollen beraten. Das liegt so im Digitalrat schon im Wort. Wir sollen aber auch antreiben und unterstützen. Und diese beiden anderen Funktionen, Antreiben besteht im Wesentlichen darin, dass wir sehr oft fragen: Was macht der denn da jetzt? Und natürlich ist auch unsere Rolle: Geht das nicht ein bisschen schneller? Dass wir antreiben. Und unterstützen heißt, dass wir auch sehr konkret mithelfen. Wir haben zum Beispiel Workshops für Staatssekretärinnen und Staatssekretäre gegeben, um ihnen agiles Denken und Arbeiten nahe zu bringen. Wir haben mit Projekten gearbeitet, damit sie mehr im auch wieder agilen Sinne arbeiten, also Minimal Viable Product und nicht diese Wasserfall-Logiken. Das heißt, es ist eine Mischung aus Beratung, das bedeutet, wir erklären Dinge, versuchen, Zusammenhänge darzubringen, aber auch konkret zu unterstützen. #00:07:31.6#

 

Stefan Schmugge: Also klassisch gesagt, das Beratertum oder das Sesamstraßen-Modell, dass Fragen „Wieso, weshalb warum?“ eingebettet in die Politik. Finde ich sehr, sehr gut. Jetzt nimm uns noch mal mit in das tägliche Arbeiten. Wie genau sieht jetzt eigentlich das Erarbeiten von Impulsen an das Ministerium aus? Und wie oft trefft ihr euch? Oder wie oft übergibt ihr diese Impulse an das Ministerium? #00:07:55.2#

 

Dr. Katrin Suder: Wir treffen uns circa alle drei Monate mit der Kanzlerin und dem Kabinett. Das sind dann die gemeinsamen Sitzungen. Und zwischen diesen Sitzungen wird an einzelnen Themen gearbeitet, oder wir arbeiten intern im Digitalrat. Ich muss vielleicht noch mal dazusagen, das ist auch ein häufiges Missverständnis, das ist ein Ehrenamt und es ist auch keine Vollzeitrolle. Das heißt, alle sitzen nach wie vor in ihren einzelnen Berufen und in ihrem Expertentum. Das ist ja auch wichtig, weil sie wollen ja auch aktuelles Wissen immer wieder reinbringen. Und wenn wir dann so ein Thema haben, wie zum Beispiel, das war auch direkt unser erstes Thema damals Ende 2018, wie das Thema digitaler Staat, dann haben wir die verschiedenen Perspektiven zusammengebracht von den beiden, Peter Parycek und Beth Noveck, ausgewiesene Expertinnen und Experten auf dem Gebiet, plus zum Beispiel meine Erfahrung in der Verwaltung, aber auch unsere Gründerinnen und Gründer, die gesagt haben: Muss das alles so laufen und wie kommen wir denn eigentlich weg davon? Und dann haben wir uns erst mal im Team, diverse Teams liefern bessere Resultate, also haben wir uns erst mal im Team miteinander auch gestritten, auch auseinandergesetzt, dann eine gemeinsame Linie gefunden, die dann der Kanzlerin und dem Kabinett präsentiert. Und das hat meistens so einen ersten Teil, der ist ein bisschen edukativ, ein bisschen beschreibend, ein bisschen beratend, also unsere Sicht auf ein Thema. Können wir auch gleich noch mal einen Doppelklick drauf machen, was das bei digitaler Staat war. Und dann haben wir immer irgendwas zwischen zehn und 20 Empfehlungen, wo wir sagen, unsere Empfehlung ist, probiert doch das aus, setzt doch das um, damit ihr vorwärtskommt. Das obliegt dann natürlich der Regierung zu entscheiden, ob sie das tut, wie sie das tut und wann sie das tut. Wir treiben dann beim nächsten Mal in der Sitzung danach wieder ein bisschen an und fragen: Na! Wie sieht‘s aus? #00:09:33.0#

 

Stefan Schmugge: Schönes Stichwort Doppelklick. Ich würde sehr gerne von Informatiker zu Informatiker einen Doppelklick machen auf zum Beispiel das Thema, was genau für Empfehlungen habt ihr denn schon an die Regierung gegeben? Darf man darüber sprechen, kannst du da vielleicht ein bisschen ins Eingemachte gehen? #00:09:51.1#

 

Dr. Katrin Suder: Ja, ich kann sicher ein bisschen was erzählen. Einiges ist ja inzwischen auch schon öffentlich. Wir haben es allerdings für uns zum Prinzip gemacht nicht über diese Arbeit zu sprechen, allerdings können wir inzwischen, weil ja zwei Jahre vergangen sind und vieles auch umgesetzt, schon einiges bringen. Im Wesentlichen sind die von der Struktur immer so, dass es größere Maßnahmen gibt, und dann gibt es auch so ein paar konkrete, auch entsprechend dem digitalen Mindset, lasst uns auch mit kleinen Dingen Veränderung machen und lass uns große Weichenstellungen stellen. Nehmen wir mal das Thema digitaler Staat. Im Wesentlichen haben sich die Empfehlungen um drei Gebiete gruppiert. Das erste war, dass wir gesagt haben, digitaler Staat ist viel mehr als nur die E-Government. Es geht nicht nur darum, dass der Staat selber seine eigenen Prozesse digitalisiert, ja, hoffentlich tut er das, und das muss er auch tun, und das muss er schneller tun, Stichwort OZG-Umsetzung. Aber es geht eben auch darum, dass der Staat eigentlich durch jedes Gesetz, durch jede Mittel, die er vergibt, die Chance hat, Digitalisierung im Land zu befördern. Und deshalb haben wir zum Beispiel vorgeschlagen, dass man Gesetze auf digitalisierende Wirkung hin überprüfen soll. Eine erste These, mehr als nur E-Government. Zweiter Bereich, und dann kommen immer Empfehlungen drunter. Zweiter Bereich war, dass wir gesagt haben, es ist wichtig, mit ein paar Glaubenssätzen, Traditionen vielleicht auch Verliebtheiten im öffentlichen Sektor zu brechen. Und eine davon ist eben, ich will sagen, die Liebe zum Papier. Und eben zu sagen, das muss nicht unbedingt sein, sondern ihr könnt euch auch elektronisch miteinander kommunizieren. Mit all dem, was dazugehört und Echtheit und so weiter, Gesetzesänderung. Und da ist aber auch ein Einstieg passiert. Also dass dann die Regierung beschlossen hat, das ist jetzt auch schon, ich weiß nicht genau, ich glaube, schon wieder ein Jahr her, zu sagen, immer innerhalb der Regierung, der Ministerien-Ebene, fangen wir an, wir stellen das um, keine Briefe mehr, keine Faxe mehr und so weiter. Das ist ein Veränderungsprozess, der muss durchs ganze Land gehen. Manchmal sind es aber dann auch die kleinen Symbole, die helfen, um was Großes zu bewegen. Und das dritte, der dritte Bereich der Veränderungen, wie gesagt, jeweils Maßnahmen drunter, geht dann, dass wir gesagt haben, und das wird dich, wird euch jetzt nicht wundern, wir haben gesagt: Menschen, Menschen, Menschen. Es sind Menschen, die Dinge verändern. Und wir müssen an den Menschen ansetzen. Wir müssen ansetzen, wie werden die Leute im öffentlichen Sektor rekrutiert? Wie werden sie ausgebildet? Wie werden sie fortgebildet? Wie kriegen sie einen agileren Mindset? Wie kriegen sie neue Arbeitsweisen, moderne Arbeitsweisen beigebracht und unterstützt? Und so erklären wir dann erst, was ist das eigentlich, agiles arbeiten? Warum macht das Sinn? Und was könnte jetzt die Regierung tun, um das zu befördern? #00:12:21.0#

 

Maria Nestroi: Witzig, dass du das Thema ansprichst. Erst vor ein paar Tagen oder Wochen habe ich in den Nachrichten gehört, dass der Bundestag Faxgeräte abschafft. Sprich, der Bundestag hat also erkannt, dass es wohl nicht mehr das zeitgemäßeste Kommunikationsmittel ist. Was denkst du, Katrin? Ist das der erste Meilenstein in Richtung Digitalisierung von Verwaltungen? #00:12:39.8#

 

Dr. Katrin Suder: Ich würde jetzt sagen, es ist definitiv ein wichtiger Schritt, ein notwendiger Schritt. Natürlich, man kann es alles umdrehen und kann sagen: Toll! Tolle Leistung. Aber ich finde, es ist wichtig, auch an der Symbolkraft festzuhalten und zu sagen: Wir verabschieden uns von dieser Art der Kommunikation und damit verändern wir auch Prozesse. Ich werde oft gefragt: Bis du jetzt zufrieden oder nicht zufrieden mit den Umsetzungsschritten? Ich kann dann nur sagen, wenn ich zufrieden wäre, dann würde ich meinen Job nicht tun, dann würde ich auch nicht mehr antreiben. Und wenn du, wenn ihr euch die Lebensläufe der Digitalrats-Mitglieder anguckt, natürlich sagen wir immer, da geht mehr, das muss schneller werden. Ist auch unser Auftrag. #00:13:15.8#

 

Stefan Schmugge: Ich bin ja bekannt dafür, dass ich gerne in Bildern spreche. Ich würde gern das zweite Thema von unserem heutigen Podcast aufmachen, nämlich das Thema Digitalisierung im öffentlichen Sektor. Der Vergleich hinkt ein wenig und er übertreibt vielleicht auch, aber für mich hat das Bild eines Besuches im Bürgeramt bei mir um die Ecke immer was von der Fleischtheke bei Edeka. Ich muss mir eine Nummer ziehen, ich warte, bis ich irgendwann dran bin mit der Nummer, dann darf ich zu einem Schalter gehen, und dann darf ich meine Themen vortragen. Das ist das Erste, was mir dazu einfällt. Das Zweite, was mir dazu natürlich aber auch einfällt, ist das Thema digitale Schule. Live bei uns erlebt im Moment zu Hause hier. Viele, viele Schulen hinken da noch extrem hinterher, sowohl was die kleinsten Dinge angeht, wie zum Beispiel Ausbildung der Lehrkräfte oder auch die technische Ausstattung. Katrin, woran liegt das deiner Meinung nach, dass dieser digitale Wandel vielleicht sogar in der einen Welt als auch in der anderen Welt ein bisschen schwerfällig läuft? #00:14:14.9#

 

Dr. Katrin Suder: Ich glaube, und das ist auch so unsere Theory of Change, wie es so schön neuerdings heißt, also der Ansatzpunkt, wie eigentlich Veränderung entstehen kann, ist, dass es einfach mit den Menschen und mit ihren Hintergründen, mit ihren Erfahrungen und auch mit ihrer Ausbildung zu tun hat. Wir haben im öffentlichen Sektor, und das hat uns in Deutschland sehr weit gebracht, sehr stark gemacht, auch krisenfähig gemacht, damit sind wir beneidet worden in der ganzen Welt, welchen soliden, stabilen öffentlichen Sektor wir haben. Deshalb, da ist auch sehr viel Positives. Wo wir uns aber verändern müssen, ist, zu sagen, Digitalisierung braucht einfach andere Arbeitsweisen. Wir müssen die Menschen zusammenbringen, wir müssen sie miteinander ringen lassen, das Beste, die beste Lösung, sie müssen kundenzentriert, UX, sie müssen vom Kunden her denken, vom Benutzungsszenario und nicht vom Gesetz her denken, und das dann nachher irgendwann ausgeführt wird. Das heißt, da sind ganz viele Veränderungen drin. Wir brauchen auch neue Qualifikationen, weshalb wir, ich zusammen mit Sebastian Muschter und Isabell Nehmeyer, wir haben ein Querwechsler-Netzwerk gegründet. Also von Leuten, die aus der freien Wirtschaft kommen und die dann in den Privatsektor wechseln, gerne für eine begrenzte Zeit, um ihr Wissen mitzubringen, weil wir es dort einfach oft nicht haben. Wir haben knapp über 50 % Juristinnen und Juristen, wichtig, notwendig für gesetzgeberische Prozesse, aber wenn ich Produkte bauen will, wenn ich bürgernahe, UX-orientierte Produkte bauen will, brauche ich einfach andere Fähigkeiten. Und die sind so noch nicht vorhanden. Jetzt kann man sagen, wir wollen die organisch reinwachsen, also wir rekrutieren andere Leute, wir machen Fortbildung, alles richtig, dauert aber zu lange. Deshalb müssen wir zusätzlich einfach auch überlegen, mit welchen Mitteln können wir die anziehen, und sei es für eine bestimmte Zeit, um dann tatsächlich auch Dinge vorwärtszubringen. Weil wir können den Menschen nicht vorwerfen, dass sie mit antrainierten Arbeitsweisen, mit Hierarchien, mit Traditionen nicht die Probleme von heute lösen, sondern wir müssen die Strukturen verändern. #00:16:06.7#

 

Stefan Schmugge: Katrin, jetzt hast du diese Frage großartig beantwortet. Danke für dieses Thema Austausch. Jetzt hast du aber geschickt die Frage zum Thema digitale Schule umgangen. Was sagst du dazu oder beziehungsweise ist das eine Frage, die du beantworten magst oder darfst? #00:16:22.2#

 

Dr. Katrin Suder: Guter Catch, Stefan. Es liegt daran, das Thema Schule ist nicht ein Thema des Digitalrats. Das Thema Schule ist ja sehr föderal und auch sehr, sehr politisch umkämpft und umstritten in diesem Land. Insofern haben wir jetzt auch nicht direkt einen Schulexperten oder Schulexpertin im Thema. Wir beschäftigen uns mit dem Thema Re-Skilling, also was muss man eigentlich übers Leben lernen und das ganze Thema, auch Weiterbildung. Aber ich kann als Mutter was dazu sagen. Ich habe drei Kinder, zwei davon sind in der Grundschule. Und es geben sich unglaublich viele unglaublich Mühe, aber natürlich haben wir auch hier ein Thema, dass unsere Schulen auf sowas nicht vorbereitet waren und viele Schulen es leider auch nicht in der Geschwindigkeit geschafft haben. Und hier, finde ich, muss man sich schon die Frage stellen, und Frau Karliczek hat das ja gerade in den letzten Tagen auch öffentlich das erstmalig getan, wenn ich die Presse richtig gelesen habe: Müssen wir nicht überdenken, wie wir zwischen Bund und dann Ländern, Kommunen zusammenarbeiten in dem Thema Schule? Müssen wir nicht anders über Zentralisierung nachdenken, Plattformen bereitstellen, Lösungen bereitstellen, all die Dinge, die skalieren? Es gibt ja einen Grund, warum es eine Plattform Ökonomie gibt, warum dort die erste und zweite Lösung. Ich will überhaupt nicht gegen den Föderalismus als Prinzip reden, denn es gibt Dinge, die kann man nur lokal lösen. Nur lokal kann man hier lösen, wie die Straße laufen soll, wie die Brücke gebaut werden soll. Es macht keinen Sinn, das zentral zu machen. Aber es gibt Dinge, gerade in der IT, wieder Informatikerin zu Informatiker, also es gibt einfach Dinge, die lassen sich zentral besser bereitstellen, gerade in der Informatik. Und da müssen wir, glaube ich, echt weiter denken, sonst kriegen wir die Geschwindigkeit nicht hin. #00:17:54.0#

 

Stefan Schmugge: Ja, da bin ich bei dir. Danke für diese private Beantwortung dieser Frage. Großartig! Jetzt habe ich eine kleine Vermutung. Vielleicht liegt das mit dem Thema Digitalisierung zum Beispiel in der Verwaltung auch daran, wie Menschen unterschiedlicher Generationen mit ihren Daten umgehen. Ich wüsste zum Beispiel nicht, ob meine Oma in der Lage wäre, ihre persönlichen Daten entweder übers Internet oder über ihr Smartphone zum Beispiel digital weiterzuverarbeiten, damit das wiederum digital verarbeitet werden kann. Ich stelle mir aber die Frage, und es gibt ja gerade so einen tierischen Spagat zwischen den Leuten, die sich darüber aufgeregt haben, dass eine spezielle Warn-App Daten weitergibt, und einem neuen Hype, der da heißt, Clubhouse, wo sämtliche Datenschutzregeln mehr oder weniger mit Füßen getreten werden, weil die App einfach alles weitergibt. Wie stehst du zu diesem Spagat? Und was genau tut vielleicht auch der Digitalrat in diesem Bereich? #00:18:53.5#

 

Dr. Katrin Suder: Wir im Digitalrat, wir haben uns sehr stark mit dem Thema Datennutzung beschäftigt. Ich glaube, wir haben mit der Datenschutz-Grundverordnung und dem, was drum rum ist, wirklich einen tollen Standard in Europa geschaffen. Ja, der ist manchmal kompliziert, und ja, der ist für Mittelständler oft schwierig zu implementieren. Aber allein die Tatsache, dass Kalifornien und andere diesen Standard eigentlich übernehmen, zeigt doch, dass da was Gutes geschaffen worden ist. Und deshalb haben wir als Digitalrat gesagt, das ist eine Seite der Medaille, die andere ist aber verantwortungsvolle Datennutzung. Wie können wir eigentlich viel mehr Daten nutzen? Es gibt so eine Studie, die basiert auf Befragungen, und die hat herausgefunden, dass bei Unternehmensdaten, also insbesondere auch Sachdaten, gar nicht Personendaten, 80 % dieser Daten nicht ein einziges Mal genutzt werden. Das ist sozusagen genau das Konträre wie das wahrscheinlich Google und andere machen. Das heißt, viele Daten, die da draußen sind, Temperaturdaten, Strömungsdaten, Daten über Wirtschaftsabläufe werden nicht ein einziges Mal genutzt. Und da ist ein unglaubliches Potential, denn Daten zu analysieren mit Machine Learning, aber auch anderen Algorithmen, kann uns einfach helfen, bessere Entscheidungen zu treffen, für die Umwelt, für die Gesundheit. Ich meine, wir alle wissen es, hätten wir am Anfang mehr gewusst über dieses Virus, wären wir auch ganz anders da durchgekommen. Also Daten können einfach zu besseren Entscheidungen führen. Und deshalb haben wir dieses Thema ganz nach vorne gestellt. Die Bundesregierung ist jetzt auch gerade dabei, eine Datenstrategie zu beschließen, die dieses Thema verantwortungsvolle Datennutzung für Innovation in den Vordergrund stellt. Jetzt aber, bevor du mich wieder erwischst, dass ich die Datenschutz-Frage nicht beantworte, werde ich es jetzt gleich mal proaktiv noch in den zweiten Teil meiner Antwort einbauen. Und das eine ist, ich hatte es ja schon gesagt, gerade wenn der Staat reguliert, wenn er eingreift, ist es ja seine Aufgabe auch zu schützen und Regeln einzubauen, an die sich dann Unternehmen auch halten müssen. Und jetzt kommt natürlich genau das Problem: Was, wenn Unternehmen das nicht tun? Wie kann dann sozusagen auch die Gesetzgebung agieren, was, wenn das eine Beta-Version ist, amerikanisches Unternehmen? Und was, wenn die Bürger alle freiwillig ihr gesammeltes Adressbuch teilen? Was ich schon auch interessant finde, wie viele das scheinbar auch tun. Denn das ist ja eigentlich, früher war das mal so, da hat man gefragt, darf ich deine Telefonnummer weitergeben? Und heute machst du es jetzt gerade mal: Peng! Aber der Unterschied ist, glaube ich, welche Aufgabe hat der Staat? Und seine Aufgabe ist es auch, Unternehmen und Regulierung einzuziehen, und dann gibt’s natürlich das, was der einzelne Bürger macht. Und dass da immer wieder ein Spagat ist, ich muss auch sagen, das ist wohl so, das ist auch manchmal erstaunlich, aber manchmal denke ich dann auch: Wir dürfen auf keinen Fall die reine Beweislast dem Nutzer geben. Denn Hand aufs Herz, wer von uns liest schon diese ganzen neuen Consent-Dinge? Wenige. Und deshalb muss es einen Staat geben, der dafür sorgt, dass das, was da steht, und das, was überhaupt erlaubt ist, verantwortungsvoll durch die Unternehmen reguliert wird. Und nicht, dass ich als Bürger das alles lesen muss und das alles verwalten muss. Damit bin ich überfordert. Und ich sage immer: Wenn ich in einen Aufzug gehe, wenn ich da einsteige, lese ich ja auch nicht irgendwas oder gucke nach allem, sondern ich verlasse mich darauf, ein TÜV hat es geprüft, es ist nach Sicherheitsmaßstäben und ich kann den Aufzug benutzen. #00:22:01.8#

 

Maria Nestroi: Katrin, was denkst du? Hat das Thema Datenschutz Einfluss auf die Digitalisierung der Verwaltungen? Oder steht sie dem vielleicht sogar im Weg? #00:22:13.0#

 

Dr. Katrin Suder: Das ist nicht das Hauptthema. Ja, da mag es immer mal wieder Probleme geben, gerade wenn wir zum Thema Schule kommen, dass Datenschutzbeauftragte überhaupt keine Anwendungen zulassen, die amerikanischer Natur sind oder die nicht bestimmten Standards genügen. Und das kann jetzt gerade in dieser Krise, wo es schnellgehen muss, wirklich ein Hindernisgrund sein. Aber grundsätzlich glaube ich nicht, dass dieser Widerspruch der Richtige ist. Im Gegenteil, ich möchte nicht in einer Welt leben, wie zum Beispiel in China, wo die Daten einfach frei genutzt werden durch den Staat und alles Mögliche damit passiert. Das möchte ich nicht. Ich bin froh darüber, dass wir eine so wertebasierte Datenschutz-Grundverordnung haben. Ja, an den Rändern immer mal wieder, und das ist aber dann oft auch Mentalität. Und da bin ich wieder bei dem Thema Menschen, Menschen, Menschen. Einfach agiler entscheiden oder auch verantwortungsvoller entscheiden, mal wieder das ganze Thema Gründertum, Tijen hat das ja im November auch angesprochen. Also einfach mal wieder Entscheidungen treffen, mutiger sein. Ja, und dann kriegt man auch mal einen auf den Deckel für eine Entscheidung, die vielleicht im Nachhinein nicht so gut war. Aber das würde ich mir mehr wünschen und dann, glaube ich, lassen eigentlich die Datenschutz-Grundverordnung und unsere Gesetze genug Raum. Das glaube ich schon. #00:23:24.4#

 

Stefan Schmugge: Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber ich habe bisher noch gar keinen Snack gehabt und habe schon wieder ein bisschen Hunger. #00:23:30.0#

 

Maria Nestroi: Da habe ich doch direkt schon was rausgesucht für euch. Und zwar von Martin Schallbruch, stellvertretender Direktor des Digital Society Instituts der European School of Management & Technology in Berlin. Und er sagte im Trend Report Digitaler Staat 2019, ich lese es vor: „Das Argument ist aus datenschutzrechtlichen Barrieren nicht umsetzbar, ist oft nur vorgeschoben und wird als Ausrede benutzt, um Projekte nicht durchführen zu müssen. Der Gesetzgeber könnte durch Anpassung problematische Vorhaben möglichmachen.“ Das klingt so, als ob es partout keine Wege und Möglichkeiten gäbe, die Verwaltungsdigitalisierung datenschutzkonform zu gestalten und der Gesetzgeber es quasi richten soll. Katrin, siehst du das genauso? #00:24:14.5#

 

Dr. Katrin Suder: Ich habe vor allem genickt bei dem Teil von Martin Schallbruch, als er sagte, vieles ist oft vorgeschoben. Denn das glaube ich schon auch. Und meine Erfahrung ist, es geht jede Menge. Und man darf auch nicht vergessen, die Datenschutz-Grundverordnung kommt nur dann ins Spiel, wenn es um personenbezogene Daten geht. Das heißt, die ganze Welt der Sachdaten, die hat damit gar nichts zu tun. Und da können wir unheimlich viel machen. Deutschland und ganz Europa ist eine Industrienation, wir haben tolle Industrieunternehmen und die sammeln Daten im Maschinenbau, in den Autos. Und was mit diesen Daten zu machen, ich glaube, da geht sehr viel mehr. Und das hat jetzt erst mal gar nichts mit der Datenschutz-Grundverordnung zu tun. Und auch in der Datenschutz-Grundverordnung gibt es schon jede Menge Möglichkeiten auch mit personenbezogenen Daten umzugehen. Aber ja, man muss sich als Unternehmen die Mühe machen, durch diese vielen hunderten Seiten sich durchzuarbeiten und das sauber umzusetzen. Und das ist, glaube ich, auch Teil der Datenstrategie, die im nächsten Jahr verabschiedet werden soll, mehr Klarheit reinzubringen, sozusagen Playbooks, Bluebooks mitzugeben. Also was können Unternehmen tun, denen das zu erleichtern, das Verständnis zu erleichtern, auch vielleicht Ansprechpartner dafür schaffen. Da glaube ich, kann der Staat noch einiges tun. Aber ich bin auch der Meinung, lasst uns nicht so sehr verrennen in diesem, da geht das gar nicht. Es geht immer so viel mehr. Ist auch meine Erfahrung als Praktikerin. #00:25:35.8#

 

Stefan Schmugge: Ich möchte noch mal Bezug nehmen auf eine Initiative, die du vorhin angesprochen hast, und auf einen Punkt, den du genannt hast, nämlich das Thema, dass diese Veränderungsbereitschaft im Bereich der Verwaltung vielleicht daher rührt, dass es jahrzehntelange Gewohnheiten gibt im Bereich Prozesse, im Bereich, das haben wir immer schon gemacht, aber auch vielleicht bestimmte Hierarchieebenen, die da eingezogen sind. Jetzt meine Frage an dich. Du hast vorhin die Initiative Querwechsler angesprochen. Macht es nicht vielleicht Sinn, das Thema dadurch ein bisschen aufzulockern, indem man neue, dynamische Generationen mit einbaut in diesem Bereich Verwaltungsapparat? #00:26:12.0#

 

Dr. Katrin Suder: Absolut! Das ist genau die Idee. Vorneweg möchte ich aber noch mal sagen, ich glaube, wir brauchen sowohl als auch. Es ist ganz wichtig, dass wir die juristische Expertise haben. Es ist ganz wichtig, dass wir auch Menschen haben, die über viele Jahre, Jahrzehnte verstehen, warum Gesetzgebung wie ist. Gleichzeitig, kein Aber, gleichzeitig, wenn wir sagen, es geht um bestimmte Aufgaben, insbesondere Digitalisierung, brauchen wir einfach Menschen, die andere Arbeitsweisen gelernt haben, hatte ich schon erwähnt, agiles Vorgehen, Start-up Mindset und so weiter, und auch andere Fähigkeiten haben. Denn wir wollen ja das immer nicht nur Externe machen lassen. Es gibt jetzt zum Beispiel den DigitalService4Germany, und das ist so ein erster kleiner Seed, ein erster kleiner Anfang. Dort sind jetzt junge Menschen, die im Auftrag des Staates angestellt beim Staat für den Staat digitale Produkte entwickeln sollen. Und die kommen aus ganz anderen Welten. Und ich glaube, es geht jetzt darum, das zu skalieren, das auch erfolgreich zu machen, zu zeigen, dass das geht, weil eben sich Technologie so wahnsinnig schnell dreht und verändert. Wenn wir mal drüber nachdenken, es gibt eine tolle Studie aus den USA, basierend auf Consensus Daten, also Bürgerbefragungsdaten, und die hat gezeigt, dass ungefähr, jetzt Pi mal Daumen, es gebraucht hat, um eine Technologie einzuführen, das heißt 20 % der Bevölkerung in den USA nutzen es, ich habe das jetzt nicht genau im Kopf, ich glaube, 35 oder 40 Jahre gedauert, bis die Elektrizität bei 20 % der Bevölkerung angekommen war. Für das Telefon waren es dann schon nur noch 10 Jahre, also Festnetztelefonie, für die, die das noch kennen. Und dann waren es beim Smartphone nur noch 5. Und wenn wir jetzt über Künstliche Intelligenz und wenn wir jetzt über Machine Learning oder auch über autonomes Fahren und sonstiges reden, dann werden die Zyklen immer kürzer. Das heißt, ich brauche einfach auch Leute, die mit solchen Zyklen umgehen können, die wissen, wie das geht. Die nicht nach einer Wasserfall-Logik, Plan A, was wird in 5 Jahren sein und ich detailliere das aus, das gute alte Ingenieurwesen, sondern die eben anders vorwärtsgehen. Und ich glaube, solche Skills brauchen wir zusätzlich. Und die Frage ist: Wie kriege ich die in die Verwaltung? Und das eine ist, dass ich sie natürlich selber einstelle und dann mit wachsen lasse und ausbilde. Wichtig: Muss passieren. Aber das Zweite ist, dass wir einfach sagen: Das dauert, das wissen wir alle, bis ich sowas Schritt für Schritt habe. Deshalb sollten wir gleichzeitig über Strukturen nachdenken, wo Leute von außen dann aber angestellt und nach den Regeln des öffentlichen Sektors mithelfen können, das zu tun. Dann hatten wir auch die Frage: Gibt’s die denn? Haben die dann Lust, das zu tun? Und da sind wir natürlich mitten in der Purpose Diskussion. Und meine Erfahrung ist: Ja, die gibt’s. Es gibt unheimlich viele Leute, die sagen: Hey! Das ist doch nicht deren Staat, sondern das ist doch unser Staat, unser Land. Und wenn ich was dazu beitragen kann, dieses Land besser zu machen für mich, für meine Kinder, für meine Kindeskinder, dann habe ich da tolle Aufgaben und ich habe Lust, das zu tun. Vielleicht nicht 10 oder 20 Jahre lang, aber warum nicht 3 oder 5? #00:29:14.3#

 

Stefan Schmugge: Und das Tolle ist, du bist ja auch das beste Beispiel dafür, dass sowas spannend ist. Und du hast es ja gerade mit Emotion und mit Herz vorgetragen. Wenn ich mich noch erinnere an deine Vita, du bist ja, glaube ich, bei McKinsey damals erst in dem Bereich IT-Projekte gewesen und bist dann aber umgeschwenkt in Richtung öffentliche Auftraggeber und Projekte in dem Bereich. Vielleicht magst du uns eine Story teilen, warum du damals dieses kleine Pflänzchen so großgezogen hast, mittlerweile? #00:29:46.8#

 

Dr. Katrin Suder: Ja, ich glaube, es hat in der Tat viel mit Purpose zu tun. Die Aufgaben, die sich im öffentlichen Sektor stellen, sind halt zum einen echt kompliziert. Wie machst du denn so eine Datenschutz-Grundverordnung? Wie soll die denn aussehen? Wie genau soll denn das Modell zwischen föderal und zentral funktionieren? Oder auch in meinem Rüstungsbereich: Wo genau wird denn Deutschland wie verteidigt? Und müssen wir das? Der Cyberraum, was bedeutet das eigentlich? Also es ist extrem schwierig, und das ist die Problemlösungsseite an mir, die liebt komplizierte Aufgaben, aber gleichzeitig sind sie von immenser Bedeutung. Wenn wir uns angucken, der ganze Bereich der Verteidigung, das ist ja was Großes. Oder auch der ganze Bereich der Schulen, da wird der Grundstein für unsere zukünftigen Generationen gelegt. Also sprich, sie sind nicht trivial und sie haben wirklich Impact, wie das so schön heißt, sie haben Bedeutung. Und das hat mich immer mehr und über Zeit, ich wurde dann natürlich auch mutiger und habe gedacht, vielleicht traue ich mir inzwischen auch zu, solche Aufgaben anzugehen, hat mich sehr, sehr begeistert. Und ich weiß, dass es da draußen viele Leute gibt, die das begeistert. #00:30:50.4#

 

Maria Nestroi: Ich würde gerne mal das Thema Kommunikation im digitalen Zeitalter eröffnen. Es ist ja so, dass moderne Kommunikationsmedien uns mehr und mehr dazu verleiten, mit anderen Menschen eher beiläufig zu kommunizieren. Also sprich, auch immer weniger persönlich, also quasi E-Mails, Chat, Videokonferenzen oder, oder, oder. Katrin, wie siehst du das? Steht das grundsätzlich im Widerspruch zu der Digitalisierung? #00:31:22.0#

 

Dr. Katrin Suder: Ich finde das eine gute Frage. Und muss ich auch einen Moment drüber nachdenken. Ich glaube, meine Antwort ist: Digitalisierung ist kein Selbstzweck. Und digitale Tools sind auch erst mal kein Selbstzweck. Die Frage ist immer: Was will ich damit erreichen? Und ich bin, wahrscheinlich wie ihr auch, wir sind jetzt bald ein Jahr Corona, mir fehlt das Miteinander, in Workshops sein, mir fehlt das mitzubekommen, was passiert dann für ein Augenblinzeln, oder an der Kaffeemaschine mal kurz zu reden oder überhaupt eine Gruppendynamik mitzubekommen. Mir fehlt, auch was zu spüren, oder gerade, wenn ich Vorträge halte, in dieses mehr oder minder schwarze Loch zu reden. Und ich glaube, wir müssen sehr genau überlegen, E-Mail kann eine super Sache sein, wenn ich Informationen austauschen will, wenn ich kurz eine Abstimmung haben will. Aber kann ich über E-Mails oder auch über andere Kanäle Problem Solving machen? Kann ich darüber auch Feedback geben? Kann ich mich darüber wirklich weiterentwickeln? Ja, es geht viel über Videokonferenzen und es gibt etliche Unternehmen, die jetzt die erste Generation von Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben, die sich überhaupt nicht mehr gesehen haben, die nicht in einem Büro waren. Aber mir fehlt ganz, ganz viel, und das miteinander reden und sich sozusagen Auge und Auge, das fehlt mir auch. #00:32:36.6#

 

Stefan Schmugge: Da bin ich auf jeden Fall bei euch. Ich finde es auch große Klasse, dass wir zumindest beim Aufnehmen der Podcasts immer noch eine Videokamera oder eine Videoleitung zugeschaltet haben, damit wir ein bisschen auf die nonverbale Kommunikation achten können des Gegenübers. Aber mir fehlt das auch extrem. #00:32:51.8#

 

Maria Nestroi: Mir auch. #00:32:53.5#

 

Stefan Schmugge: Wir verlassen mal unser liebes Deutschland und schauen uns mal auf der Helikopter-Perspektive die Welt an. Man sieht ja, dass seit dem Jahr 2018 ein extremer Handelsstreit herrscht zwischen den Wirtschaftsmächten USA und China. Und genau dazwischen unsere geliebte IT-Industrie, speziell Hersteller von zum Beispiel Halbleiterindustrie, Smartphones, das ganze Thema Netzwerktechnologie, 5G und so weiter, ist ja extrem im Fadenkreuz zwischen diesen beiden Welten. Katrin, welche Auswirkung, glaubst du, hat dieses Problem oder dieses Thema auf den Fortschritt der Digitalisierung in Deutschland / und auch Europa? #00:33:34.5#

 

Dr. Katrin Suder: Ja, sehr spannendes Thema, und eins, was mich auch sehr beschäftigt. Denn mit der Zunahme der Bedeutung von Technologie, und ich hatte es ja vorhin so ein bisschen scherzhaft gesagt, als ich angefangen habe, waren wir die ITler und wir waren irgendwo im Keller. Und inzwischen sind wir die Digitalisierer und sind eigentlich in jedem Gespräch immer mit dabei, weil Technologie einfach alles verändert, wie wir leben, wie wir arbeiten, wie wir kommunizieren. Und dann wird natürlich eine Technologie, da stecken natürlich Technologien, da stecken Companies dahinter. Und schon vor einiger Zeit haben sowohl die Chinesen als auch die Amerikaner, eigentlich alle erkannt, dass, wer die Technologien am besten beherrscht, wer als erstes bestimmte Künstliche-Intelligenz-Algorithmen hinkriegt, wer als erstes bestimmte 5G oder sonstige Standards setzt, der hat einen Vorsprung. Jetzt kann man sagen, er hat einfach nur einen ökonomischen Vorsprung, aber, und das haben zumindest die Staatsoberhäupter auch ganz klar gesagt, Xi zum Beispiel, der hat auch einen Anspruch auf Weltherrschaft. Und deshalb, weil diese Technologien gerade so zentral sind, ist das auch der Punkt, warum sie auch jetzt eingesetzt werden. Man kann sagen als Waffe, oder man kann sagen, sie werden sozusagen instrumentalisiert. Das geht damit los, dass bestimmte Unternehmen einfach in den USA auf sogenannte Entity-Listen gesetzt worden sind. Das heißt, amerikanische Firmen dürfen mit denen kein Geschäft mehr machen. Das geht dann so weit, dass das Bestreben ist, und jetzt kommen gleich auf die Auswirkungen auf Unternehmen hier, die Welt zu entkoppeln. Das heißt China und USA wollen sich entkoppeln. Das heißt, sie wollen sich, militärisch sind sie schon entkoppelt, aber sie wollen sich technologisch entkoppeln. In manchen Bereichen haben wir das schon. In China gibt’s eigene Cloud-Welten und in den USA gibt es eigene Cloud-Welten. Was bedeutet das jetzt? Zum einen ist das natürlich erst mal so gesehen keine positive Entwicklung, weil ich dann Dinge doppelt aufbauen muss. Ich muss doppelt IT-Strukturen aufbauen. Ich muss doppelt Sachen erfinden. Auch wenn Menschen sich nicht mehr austauschen, weil sie entkoppelt werden sollen, weil sie keine Visa mehr bekommen in das jeweilige Land, wenn der Reiseverkehr, nicht nur wegen Corona, sondern auch aufgrund von Beschränkungen zusammenbricht, dann geht uns Innovation verloren. Und das ist erst mal etwas, was grundsätzlich traurig ist. Denn wir wollen ja die besten Lösungen, wir wollen ja die Herausforderungen unserer Zeit, Klimakrise und so weiter, auch mit Technologie lösen. Und das Zweite ist: Deutschland und Europa sitzt ein bisschen zwischen den Stühlen. Denn wir verkaufen nach China, wir verkaufen in die USA. Vorprodukte kommen aus China. Wir haben es erlebt, ich weiß nicht, wie es euch ging, Anfang März gab es in den Apotheken bestimmte Produkte nicht mehr, weil die Lieferketten zusammengebrochen sind nach China. Und das ist ein Thema, das muss eigentlich heute schon die Politik und auch jedes Unternehmen, was irgendwie global verknüpft ist, und welches ist das nicht, beschäftigen, weil es nicht trivial ist. Angenommen ich müsste zweimal meinen kompletten IT Stack aufbauen, weil ich unterschiedliche Welten bedienen muss. Das sind ja auch immense Kosten, die auf Unternehmen zulaufen. #00:36:30.6#

 

Stefan Schmugge: Ha! Da haben wir jetzt einen Link gefunden zwischen dem Thema Daten, was wir vorhin angesprochen haben, Stichwort meine Oma, wie geht die mit Daten um, und diesem von dir aufgemachten Thema. Wie gehen denn diese unterschiedlichen Wirtschaftsmächte mit den Daten um? Vielleicht gibt es da ja eine Schnittmenge? #00:36:47.1#

 

Dr. Katrin Suder: Das ist, glaube ich, im Zentrum der ganzen Debatte. Ich habe vorhin schon gesagt, Datennutzung ist eigentlich das Element, um Zukunft positiv zu gestalten, weil da noch unglaubliche Potentiale liegen. Übrigens kleine Parenthese für die ganzen Nerds so wie ich hier, die zuhören: Wir können mit geschickter, intelligenter Datennutzung die Gauß-Kurve besiegen. Und das ist ja das Größte, was passieren kann. Aber das nur geparkt. Das Spannende an der geopolitischen Diskussion und im Zentrum der Daten als so wichtiges Thema ist, wenn wir nach China gucken, dort werden Daten vornehmlich gesammelt auch, um Surveillance durchzusetzen. Das wissen wir, das wird inzwischen ja auch exportiert, diese ganzen Überwachungssysteme, etliche afrikanische Staaten haben die gekauft. Und das heißt, es geht hier ganz stark um Kontrolle. Sicher ein Paradigma, was wir hier nicht wollen und was unseren Werten nicht entspricht. Jetzt haben wir das andere Paradigma. In den USA, dort werden Daten, wir haben es vorhin ja schon gehabt, insbesondere über die großen Plattformen von Nutzern, von Konsumenten gesammelt, um, man muss es ja so sagen, die Marge dieser Unternehmen zu optimieren. Das heißt maximale Kommerzialisierung der Daten durch einzelne Unternehmen. Und die zentrale Frage ist wiederum: Was macht jetzt Europa? Was macht jetzt Deutschland? Die große Wunschvorstellung, die wir als Digitalrat geäußert haben und die wir sehr stark an die Regierung ran getragen haben und die hoffentlich jetzt auch so in der Datenstrategie verankert wird als ein Element, ist eben, genau zu sagen: Verantwortungsvolle Datennutzung in das Zentrum zu stellen, um Innovationen für die Gesellschaft zu schaffen, um die Probleme zu lösen. Und wenn ich da noch eins meiner Lieblingszitate von Marie Curie unterbringen darf. Sie hat gesagt: „Wir müssen vor nichts im Leben Angst haben. Wir müssen es nur verstehen.“ Und Daten können uns helfen, die Welt besser zu verstehen und dann Lösungen zu entwickeln. Und genau Lösungen für diese ganzen Probleme, für die Klimaprobleme, für die Gesundheitsprobleme, für Mobilitätsprobleme, wenn wir zu einer verantwortungsvollen Datennutzung kommen. Das heißt, Daten weder für Überwachung noch für Kommerzialisierung, sondern zum Wohle der Gesellschaft. Und das wäre ein deutsches, ein europäisches Modell. #00:38:50.1#

 

Stefan Schmugge: Stichwort von Nerd zu Nerd. Vielleicht kannst du noch kurz beantworten: Wie besiegen wir denn jetzt diese Gaußsche Normalverteilung? Oder müssten wir dafür eine weitere Folge drehen? #00:39:01.3#

 

Stefan Schmugge: Ich habe so gehofft, dass du nachfragst. Also wie können wir das tun? Das Hauptproblem, was wir im Ingenieurwesen, in der Physik haben, ist, dass es zu ineffizient ist, Systeme nicht auf die Gauß-Kurve auszurichten. Also nehmen wir mal ein Beispiel: Hühnerfarm. Und ich will dazusagen, ich habe ganz lange Zeit sehr vegetarisch gelebt. Ich bin gegen Massentierhaltung. Es geht nur um das Beispiel der Gauß-Kurve. Also heute Massentierhaltung, Hühnerfarm, funktioniert ja so: Da sind sehr viele Hühner, die kriegen eine mittlere Menge Wasser, eine mittlere Menge Antibiotika, eine mittlere Menge Futter. Dann kommt allerdings auch sehr viel mittleres Ergebnis raus. Das heißt, unglaublich viel, und das ist schrecklich, unglaublich viele Hühner sind sozusagen Ausschussware. Ganz viele Hühner sind Suppenhühner und nur wenige sind tatsächlich hohe Fleischqualität. Jetzt können wir aber mittels Daten und moderner Sensorik und KI-gesteuert, können wir jetzt so tun, als würden sich, was weiß ich, ein Dutzend Experten jedem einzelnen Huhn widmen. Und würden sagen: Oh! Du hast folgendes Gewicht, du hast folgende Temperatur. Weil es sind sowieso überall Sensoren, die kosten ja heute auch nichts mehr und die sind ja inzwischen da. Und sagen dann: Oh! Du Huhn A, du kriegst jetzt eben nicht die mittlere Menge Wasser, die mittlere Menge Futter, sondern du kriegst genau das Wasser, genau das Futter, und vor allem vielleicht, du brauchst ja gar keine Antibiotika, du bist ja auch total gesund. Und damit können wir, und das ist übrigens nachgewiesen und das ist passiert, was passiert denn? Ich kriege einen unfassbar höheren Satz an guten Hühnern, die gute Ware sind. Ich muss nichts mehr wegschmeißen, nichts mehr wegschmeißen, und man hat die Antibiotika oder Zusatzstoffmenge halbieren können in diesem Experiment. Und damit habe ich die Gauß-Kurve besiegt. Und das kannst du jetzt übertragen, das kannst du auf Pumpen-Steuerungen übertragen. Das kannst du, auch wenn das sicher noch mal wieder ein bisschen schwieriger ist, weil wir dann im Bereich der persönlichen Daten kommen, auch auf Schule, auf Lernen übertragen. Moderne Lernprogramme können doch sagen: Ah! Hier ist deine Schwäche. Ich helfe dir, die genau auszubügeln, statt immer denselben Mittelweg zu gehen. Neue Probleme tun sich auf, das muss man alles diskutieren, aber die Möglichkeiten, endlich das Individuum so zu nehmen, was es ist, und das gibt uns die Chance, individualisiert etwas zu tun, die Gauß-Kurve zu brechen. #00:41:10.6#

 

Maria Nestroi: Auf jeden Fall sehr verständlich. Aber wir sind jetzt schon fast am Ende unserer heutigen Etappe und ich würde noch mal zurück zum eigentlichen Thema gehen. Denn wir haben ja quasi über den Wandel gesprochen in Verwaltungen und die Digitalisierung in den Verwaltungen. Und mich würde jetzt interessieren, Katrin: Was denkst du denn? Wir sind ja jetzt auf der Road to 2030. Braucht es 2030 überhaupt noch einen Digitalrat in der Bundesregierung? Oder wäre das vielleicht sogar dein Wunsch, dass es den nicht mehr gibt? #00:41:44.5#

 

Dr. Katrin Suder: So, wie er heute ist, da wäre mein Wunsch, dass es den so nicht mehr braucht. Aber wird es auch in 2030 Fragestellungen geben, bei denen sich die dann Bundesregierung Expertinnen und Experten sucht, um ganz konkret beraten, unterstützen, antreiben? Ja, das glaube ich schon. #00:42:04.0#

 

Maria Nestroi: Und was denkst du? Was sind die Bedingungen oder die Zutaten für die Änderungen von den jetzigen Strukturen und Gewohnheiten des Digitalrates oder generell der Verwaltung? #00:42:15.9#

 

Dr. Katrin Suder: Ich glaube, wenn wir darüber reden, was sind eigentlich Treiber, damit sich Menschen, gerade erwachsene Menschen, verändern, damit sie ein neues Verhalten an den Tag legen, auch neue Kulturen? Dann sind das vielleicht vier Zutaten. Das eine ist: Ich brauche Vorbilder. Ich muss Menschen sehen, die das vorleben, die das authentisch vorleben, die mir zeigen, wie es geht. Zum Zweiten ist, brauche ich natürlich auch ein Warum. Warum soll ich mich verändern als Erwachsene? Ich bin ja groß geworden mit anderen Verhaltensweisen. Also ich muss sehen, es tun andere, insbesondere Vorbilder oder auch Führungskräfte. Ich muss wissen, warum ich es tue, und dann brauche ich individuelle Unterstützung, ich brauche Trainings, die mir beibringen, wie geht denn jetzt eigentlich dieses komische Minimal Viable Product? Wie geht denn iteratives Arbeiten? Was ist den Erfahrungen und Hypothesen testen? Und dann brauche ich auch noch formale Prozesse und Strukturen, die das unterstützen. Denn ich kann ja nicht sagen, lasst uns agil in Projektteams arbeiten, wenn wir immer nur nach Silos bewerten. Das heißt, ich brauche auch Strukturen und Prozesse, die es unterstützen. Ich glaube, wenn wir diese vier Sachen haben, dann können wir auch den Menschen auch in der Verwaltung oder auch in Unternehmen, denn auch Unternehmen haben noch ganz schön viel zu tun in ihrer digitalen Transformation, können wir denen helfen, dass sich Verhalten ändert. #00:43:27.2#

 

Stefan Schmugge: Ein fast schöner Abschlusssatz, denn bevor ich jetzt auf den Schleudersitz-Knopf drücke, liebe Katrin, habe ich noch eine Frage an dich: Was würdest du denn im Sinne der Bürgerinnen und Bürger sofort digitalisieren? #00:43:40.4#

 

Dr. Katrin Suder: Das ist eine gute Frage. Was ich finde, was eine Riesenhürde ist, ist das ganze Thema Anmeldung, Ummeldung, Umzug und das dann noch über Grenzen hinweg mit Schule und allem Drum und Dran. Und dann muss man das Ganze auch noch fünfmal angeben, beim KFZ-Amt, bei der Ummeldung der Schule, und das mit einer Stelle, mit einem Single Sign-on, mit einem Prozess. Ich bin selber öfters umgezogen mit drei Kindern, das würde ich mir so wünschen. #00:44:09.3#

 

Sie haben Ihr Ziel erreicht.

 

Maria Nestroi: Das klingt gut, da wäre ich absolut sofort dabei. #00:44:22.4#

 

Stefan Schmugge: Ja, ich auch. Finde ich super. Ich möchte mich ganz, ganz herzlich bei dir bedanken, liebe Katrin. Ich möchte gerne schließen mit einem Zitat, was ich geklaut habe aus einem anderen Podcast, der, wie ich finde, sehr, sehr schön auf das heutige Gespräch passt, nämlich auf das Thema sehr humorvoll. Da heißt es nämlich: „Wie konkret schafft man eigentlich mit zwei Frauen mit zwei Top-Jobs den Alltag mit drei Kindern zu organisieren?“ Da war die Antwort: „Ich würde sagen, wir kriegen es gar nicht organisiert. Wir leben mit der Unvollkommenheit und versuchen, das mit bestmöglichem Humor hinzunehmen und immer wieder alles neu auszuhandeln.“ Großartiger Satz, wie ich finde. Und von daher vielen, vielen Dank, dass du heute bei uns warst. Wir lassen dich jetzt hier raus und sagen noch mal vielen, vielen Dank auf der Road to 2030. #00:45:14.6#

 

Maria Nestroi: Vielen Dank auch von mir, Katrin. Es hat sehr viel Spaß gemacht. #00:45:17.9#

 

Dr. Katrin Suder: Tschüss, Maria! Tschüss, Stefan! Schöne Fahrt mit euch. Tschüss! #00:45:21.2#

 

Stefan Schmugge: Ich habe für mich einiges mitgenommen, nämlich, dass der Digitalrat der Bundesregierung auf jeden Fall notwendig und wichtig ist. Vielleicht wird ihm in diesem und im letzten Jahr einiges an Arbeit abgenommen. Wir haben ja im Digital Transformation Index gesehen, dass dort sich einiges bewegt in Bezug auf die Digitalisierung, vielleicht sogar im Bereich des öffentlichen Wesens. Wir haben so ein bisschen gesprochen über Herausforderungen. Eine tolle Initiative, haben wir gehört, nämlich das Thema Querwechsler, dass es sinnvoll und notwendig ist, neue Talente oder andere Ideen aus der Industrie in Richtung des digitalen Staates zu bringen. Und abgeschlossen haben wir das Ganze mit einem wunderbar humorvollen und familiären Zitat aus dem Hause Suder und Kraus. Vielen Dank für alle, die zugehört und zugeschaltet haben. Bis zum nächsten Mal, wenn es wieder heißt: Die Route ist berechnet. Ziel 2030. #00:46:18.0#

 

Maria Nestroi: Damit sind wir für heute schon wieder am Ende unseres spannenden Technologie-Dialoges. Vielen Dank an unsere heutige Mitfahrerin, Dr. Katrin Suder, für die spannenden Ein- und Ausblicke zum Thema digitaler Staat. Wenn euch die Folge gefallen hat, würden wir uns sehr freuen, wenn wir unseren Podcast abonniert. Das könnt ihr auf Spotify und Apple Podcast, da könnt ihr uns übrigens auch eine Bewertung hinterlegen. In der nächsten Folge in zwei Wochen haben wir Yara Joy zu Gast und sprechen mit ihr über das Thema Digitales Nomadentum. Bis dahin! Und Anschnallen nicht vergessen! #00:46:54.3#

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